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Es werden Posts vom März, 2016 angezeigt.

Buch der Woche - Ruth Schweikert, Ohio

"Aber wie und womit hat es angefangen", hatte Merete gesagt, und ihre Stimme war plötzlich weich geworden dunkel wie früher manchmal. Ihre Lippen waren ausgetrocknet, der linke Mundwinkel hatte sich entzündet, und Andreas dachte daran, wie sie am Anfang ihrer Liebe einander gefüttert hatten...." Ich lese gerade Ruth Schweikerts Ohio und gehe in den vielen verschiedenen Perspektiven, den verschiedenen Personen, Geschichten, Einzelteilen und Zeitebenen zuweilen verloren, die alle diese Frage beantworten wollen : Aber wie und womit hat es angefangen? Wo war der Anfang des Endes unserer Beziehung? Um dies zu beantworten, geht die Autorin weit zurück in die Vergangenheit, in einzelne Familiengeschichten, die alle angerissen und erst viele Seiten später weiter erzählt werden. Gerade noch bin ich mit Merete und Andreas, einem Paar aus Zürich, in einem Hotelzimmer in Durban, es muss in etwa das Jahr 2005 sein, und nur einige Seiten später, befinde ich mich im Oberengadin,

Buch der Woche - Juli Zeh, Treideln

"Ja, die Liste ist beeindruckend. Am beeindruckendsten ist vielleicht die Tatsache, dass es bei uns soviele staatstragende Schriftsteller gibt, dass seit 1959 jedes Semester einer die Poetikvorlesung abhalten kann und bis in alle Zukunft wird abhalten können, ohne dass uns jemals die Schriftsteller ausgehen werden. Irgendwo muss es eine geheime unterirdische Schriftstellerfabrik geben, in der ständig neue Schriftstellermodelle vom Band laufen, mit serienmäßig eingebauter Poetikfähigkeit und literarischer Bedeutsamkeitsgrantie bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag." Wer mir auf Twitter oder Facebook folgt, kennt bereits die Geschichte, dass ich heute vor einem Bioladen vom Fahrrad stieg und von einem wildfremden Mann angesprochen wurde "Sind Sie Juli Zeh?" Als ich antwortete: "Nein!" sah er mich konsterniert an und meinte: "Sind Sie sicher?" Ich glaube, er dachte, ich wolle unbedingt inkognito bleiben, aber ihm, hallo, sollte ich schon die Wahrheit

Meine Lieblingsbuchhändlerinnen stellen ihre Lieblingsbücher vor (17)

Die Kreuzberger Buchhändlerinnen Katja Weber und Jessica Ebert stellen in loser Folge hier Bücher vor, die Ihnen gerade gut gefallen oder einfach aufgefallen sind. Sie lesen ständig und wenn der seltene Fall eintritt, dass ich überhaupt nicht weiß, was ich als nächstes lesen oder aber einer Freundin schenken soll, habe ich bei den beiden noch immer Hilfe gefunden.  Alle hier genannten Bücher könnt Ihr natürlich in ihrem wunderbaren Buchladen  ebertundweber  in Kreuzberg kaufen.  Hatte ich erwähnt, dass es mein Lieblingsbuchladen ist, und dass sie jetzt auch bei  Facebook  sind?  Liebe Susanne,  was ich gel esen habe: deborah feldman, unorthodox   Secession Verlag , 22 Euro eine autobiografie einer ultraorthodoxen j üdin aus new york/brooklyn/williamsburg. sie beschreibt sehr wertfrei ihre strenge kindheit, jugend, heirat usw. schon in jüngsten jahren stellt s ie alles in frage, sch leicht sich heimlich in b ibliotheken (lesen ist verboten, fernsehen ist verboten, musik

Buch der Woche - Jhumpa Lahiri, Das Tiefland

Den Roman Das Tiefland  von Jhumpa Lahiri hatte ich schon seit über einem Jahr neben meinem Bett liegen. Die ersten Seiten las ich im Dezember, nur um mich dann durch Weihnachtsgeschenke und den restlichen Stapel neben meinem Bett immer wieder ablenken zu lassen. Aber in der vergangenen Woche konnte ich dem Buch nicht länger aus dem Weg gehen. Die Geschichte der beiden in Kalkutta aufwachsenden Brüder Udayan und Subhash entwickelte plötzlich einen Sog und ich wollte mehr erfahren über sie und ihre Geschichte. Subhash ist um zwei Jahre älter, auch ist er vernünftiger, hält sich an die Verbote der Eltern. Udayan ist wild und voller Energie und liebt es, Risiken einzugehen, er scheint beinahe mit der Gefahr zu flirten. Subhash muss dann mit, denn die beiden sind praktisch unzertrennlich, fast wie Zwillinge. Als die beiden die Schule abgeschlossen haben, beginnen sie zu studieren. Dabei kommt Udayan immer mehr in Kontakt mit einer maoistischen Studentenbewegung, den Naxaliten, die sehr

Common Ground - Theater im Maxim Gorki

Vor zwei Tagen war ich zum ersten Mal seit sehr langer Zeit noch einmal in einem Theater. Meine Freundin hatte eine Karte übrig, und fragte, ob ich mit ihr das Stück Common Ground anschauen wolle, im Maxim Gorki . Ich fragte: Ist es gut? Sie schaute mich, das tut sie übrigens recht häufig, an, als hätte ich eine Klatsche und wäre generell aus der Familie der vollkommen Ahnungslosen, und sagte: Ist es gut? Ist es gut? Es ist phantastisch!!!!! Ich: Muss man als Zuschauer irgendwann auf die Bühne oder sonstwie proaktiv mit machen? - weil ich ihr das einfach zutrauen würde, dass sie mich in sowas schleppt. Sie: Ja, aber nur nackt und nur, wenn man über 50 und weiblich ist. Ich: Haha, o.k., ich komme mit! Fünf Ex-Jugoslawen (zwei Bosnierinnen, drei Serben), eine Israelin, ein Deutscher, der blau weiße Badelatschen trägt, was total witzig ist, auch wenn es sich wie ein Klischee anhören könnte, ist es einfach so, dass Niels (so sein Name) keine anderen Schuhe tragen sollte, ohne jede Gl

Buch der Woche - Rebecca Solnit, Wenn Männer mir die Welt erklären

aus der Serie Pressing Matters von Ana Teresa Fernandez "Wir wissen so vieles nicht, und wahrheitsgemäß über ein Leben zu schreiben , sei es das eigene, das der eigenen Mutter oder das einer berühmten Person, über ein Ereignis, eine Krise, eine andere Kultur, heißt, sich immer wieder mit diesen Bereichen von Dunkelheit, diesen Nächten der Geschichte, diesen Orten des Nichtwissens auseinanderzusetzen.Sie führen uns vor Augen, dass Wissen seine Grenzen hat..." Warum haben Frauen /Mädchen auch heute noch so oft ein geringes Selbstwertgefühl? Das ist eine Frage, die ich mir immer wieder stelle, die eigentlich relativ leicht zu beantworten ist.  Das wird mir durch das Buch Wenn Männer mir die Welt erklären von Rebecca Solnit , erschienen im Hoffman & Campe Verlag, wieder sehr schnell auf tröstliche, aber auch schmerzliche Weise bewusst. "An die Einschränkungen, die die Angst vor Gewalt mit sich bringt, haben sich die meisten Frauen so sehr gewöhnt, dass sie sie k

Buch der Woche - Navid Kermani, Einbruch der Wirklichkeit

"Allerdings muß man sich klarmachen, was geschehen würde oder mancherorts bereits geschieht, wenn man sich zu Härte und Abschottung entschließt. Das eigene Herz würde verhärten und die Offenheit verkümmern, die Europa als Projekt und Folge der Aufklärung ausmacht. Man würde nicht nur vor den Grenzen Europas, sondern unmittelbar an den Grenzen Deutschlands ein gewaltiges Elend sehen, ohne die Hand auszustrecken. Dafür jedoch muß man den Fremden dämonisieren, muß ihm sein Schicksal selbst zuschreiben - seiner Kultuer, Rasse oder Religion -, ihn in Büchern, Medien und schließlich sogar auf Plakatwänden herabsetzen, immer nur das Schlechte an ihm hervorheben und ihn so zum Barbaren machen, um sein Leid nicht an sich heranzulassen." Manchmal fürchte ich mich regelrecht davor, das Internet zu betreten, das mittlerweile ja auch ein Raum für Auseinandersetzungen geworden  ist, die jedes Niveau vermissen lassen, auch jede Faktizität. Da werden demagogisch und populistisch vor alle

Writing a Woman's life - Carolyn Heilbrun

"We women have lived too much with closure: "If he notices me, if i mary him, if i get into college, if i get this work accepted, if i get the job" - there always seems to loom the possibility of something being over, settled, sweeping clear the way for contentment. this is the delusion of a passive life." Carolyn Gold Heilbrun This is the second time, I have been reading Writing a Woman's life by Carolyn Heilbrun and again I thoroughly enjoyed it, more than enjoyed: it inspired me and gave me many things to ponder. For example: did I spend my years in the delusion of a passive life? How liberated are young women today really? How liberated am I, really, and what is keeping me from freedom? Men, the environment, my children or also something inside of me, a believe-system, I have maybe inherited, but also never torn to pieces, despite my ability to think and my, supposedly, quite independent mind? Should we all be feminists? (Y E S!) Why is it, that so