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Sigurður Pálsson - Gedichte erinnern eine Stimme


Ich kann mir nie merken
Das Offensichtliche zu sagen:

All diese Gedichte
sind tief im Innern
für dich

Die Gedichte eines Mannes, der das Leben liebt, der in Island lebt, der genau beobachtet, was in ihm und um ihn geschieht und der weiß, dass er bald sterben wird.
Dieses Wissen, das die Leserin ja mit ihm von Anfang an teilt, tauchen die Gedichte in ein besonders intensives Licht. Dieses Wissen ist wie ein Glas, durch welches man das Schimmern dieser Edelsteine noch einmal ganz anders wahrnimmt.
Der Gedanke kommt mir, dass dies eigentlich für jedes Gedicht gilt, nicht nur für diese mir vorliegenden von Sigurður Pálsson, die in einer wunderschönen zweisprachigen Ausgabe des Elif Verlages gerade erschienen sind. Gedichte erinnern eine Stimme. Ljóð muna rödd.

Auch der Titel verrät die Vergänglichkeit, die aber überwunden wird genau durch dieses Buch. Jemand, der so mit den Worten das Leben zeichnet, dessen Stimme wird durch jedes Gedicht so lange lebendig bleiben, wie jemand es liest. Übersetzt wurden die Gedichte von WolfgangSchiffer und Jón Thor Gíslason.

Der Tod ist das Brennglas, durch welches alle großen Gedichte ihr eigentümliches Schimmern erhalten, das einem bis in die Seele dringt und einem auf eine Weise, mit wenigen wohl gewählten Worten, das Menschsein fassbarer macht, dieses Paradox, dass wir mit diesem riesigen Verstand zur Welt kommen, in welcher es von Schönheit wimmelt, und dass wir dennoch endlich sind und dies die ganze Zeit wissen. Je näher der Tod rückt, desto klarer wird der Blick auf uns selbst und die Bedeutung dessen, was unser Leben ist. Alles kommt also zur Sprache in diesem Band, von der Liebe bis zu den Orten, dem Garten und dem Schreiben, Pálsson entrollt sein Leben, als wolle er es der Nachwelt für immer überreichen. Erinnert meine Stimme.

Gedanken weitende Schneestürme
eine Kälte die Feuer ist
in ihrem Kern

Wie könnte man eine Stimme nicht erinnern, die solche Bilder zu malen vermag, die einen direkt im Inneren treffen. „eine Kälte die Feuer ist“ In vielen Gedichten spürt er der Macht der Natur, der gewaltigen Schönheit ihrer Erscheinungen nach und es mutet mir an, als würde er sein eigenes Dazugehören herauf beschwören. Er ist Teil des unendlichen Zyklus, den diese Welt belebt, auch in seinem Sterben. Gerade in seinem Sterben. Ich kann es nicht sagen, ob es die Absicht des Dichters war, aber in mir hat er eine große Ehrfurcht geweckt, vor dem Wunder dieser Welt und dann hat er es noch geschafft, dass ich eigentlich sehr bald einmal Island bereisen möchte. Denn ich glaube, dass diese Gedichte nur auf dieser Insel am Rande Europas entstehen konnten.

Eines meiner Lieblingsgedichte  in diesem Band heißt

Die Dunkelheit der Nacht

Vertraue der Dunkelheit der Nacht
auf deiner Reise

der warmen liebevollen
Dunkelheit der Nacht

Dann wird deine Reise
voller Licht

von der ersten Zeile
bis zur letzten

Von Herzen danke ich dem Elif Verlag für dieses Rezensionsexemplar. Es gibt hier, ebenfalls übersetzt von Wolfgang Schiffer &, noch weitere Bücher isländischer AutorInnen zu entdecken und dessen feines Programm ist eine Reise wert. Große Empfehlung! Unterstützt die kleinen, unabhängigen Verlage. Sie haben es gerade nach der KNV-Insolvenz so bitter nötig. Und vergesst nicht: am 30. März ist #indiebookday


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