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Es werden Posts vom November, 2017 angezeigt.

Leila Slimani - Dann schlaf auch du

"Das Baby ist tot." Die französisch-marokkanische Autorin Leila Slimani hat mit ihrem Buch „ Dann schlaf auch du “, für das sie in Frankreich mit dem höchsten Literaturpreis des Landes, dem Prix Goncourt, ausgezeichnet wurde, den Alptraum einer jeden Mutter in Literatur verwandelt.  Ich glaube, wirklich jede Mutter kennt diese Furcht, dass man die Kinder zur Strafe dafür, dass man sie allein lässt, nie wieder lebend sieht. Ich wollte dieses Buch zunächst nicht lesen. Denn ich kann es, seitdem ich selbst Kinder habe, nur schwer ertragen, wenn in einem Buch oder Film Kindern Leid geschieht. Es fällt mir schwer, davon zu abstrahieren. Dennoch war ich neugierig und las diesen ersten Satz. „Das Baby ist tot.“, der sofort eine unglaubliche Sogwirkung erzeugte. Ich konnte das Buch nicht mehr beiseitelegen. Myriam und Paul sind ein ganz normales Pariser Paar, das so aber auch in New York, Berlin, London leben könnte. Sie hat ein Jurastudium erfolgreich abgeschlossen, er pr

Miljenko Jergovic - Die unerhörte Geschichte meiner Familie

Wenn mich jemand fragt, welches das Buch ist, das mich in diesem zu Ende gehenden Lesejahr am meisten, am allermeisten beeindruckt hat, so würde ich antworten: Die unerhörte Geschichte meiner Familie von MiljenkoJergovic . Das hat mehrere Gründe. Die Fabulierlust Miljenko Jergovics ist vielleicht der erste Grund, den ich nennen würde. Wie jemand von Hölzchen auf Stöckchen kommt und ihm einfach immer mehr einfällt, er das nicht zurück hält, sondern alles alles aufs Papier bringt, das hat mich unglaublich beeindruckt und ich habe wirklich jede einzelne der 1100 Seiten mit einem körperlich spürbaren Genuss verschlungen. Hier begegnet man einem zutiefst begnadeten Erzähler. Ich wüsste keinen zweiten zu nennen, den ich mit ihm in eine Reihe stellen könnte. Im Verlauf der Geschichte nennt er selbst einige, Peter Nadas , Paul Auster unter anderen, ich denke, das ist die Reihe der Giganten, in die er gehört, und das weiß er und beansprucht seinen Platz entgültig durch diese unerhörte Ges

Ruth Zylberman, die Topographie des Lebens erforschen

Wir befinden uns in einer Schicht über den Vergangenheiten. All das, was bereits geschehen ist, liegt unter uns, gestapelt. Lage für Lage stapelt die Vergangenheit sich unter uns, wie eine geologische Gesteinsformation. All die Leben und Tode, die Taten und Untaten, sind da und bilden das psychische Gelände, auf dem wir unseren Lebensweg zurück legen. Wenn wir aufmerksam sein können, so aufmerksam, wie es uns nur irgend möglich ist, dann können wir diese Schichten erspüren. Das vergangene Wochenende war für mich ein Wochenende der französischen Schriftstellerin und Filmemacherin Ruth Zylberman. Am Freitagabend begann ich ihr Buch Vermisstenstelle zu lesen, das gerade im Secession Verlag erschienen ist. Am Samstag kam sie selbst nach Berlin und stellte im Neuköllner Kino Wolf ihren neuen Dokumentarfilm 209 Rue St. Maur, Paris, 10Ème, The Neighbors – vor. Sowohl in diesem Film als auch in ihrem Buch geht es um Topographie, um das Gelände oder auch den Raum, in dem wir leben,