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Es werden Posts vom März, 2020 angezeigt.

Corona Tagebuch (18)

Heute bekam ich eine Mail meiner Freundin Bettina aus Österreich. Darin den einen Satz, den sie sich an den Computer geklebt hat auf einem Post it, und welchen ich mir jetzt auch über den Schreibtisch gehängt habe. es wird gewesen sein Alle Nachbarn um mich herum scheinen diese Ausgangssperre zu nutzen, um ihre Wohnungen zu renovieren. Das ist ja nachvollziehbar. Ich verstehe es. WIRKLICH!! Aber muss man dabei wirklich soviel bohren und hämmern? Ich wüsste es nicht. Denn ich renoviere quasi nie. Was mich zu der Frage bringt: Haben die Baumärkte eigentlich noch geöffnet? Und wenn ja: könnten wir sie bitte langsam schließen? Und könnten wir die Ausgangssperre so machen, dass jeder verpflichtet wird, mindestens 100 000 Schritte pro Tag draußen zu laufen? Ich will niemanden vertreiben, aber es wäre schon manchmal nett, wenn manche Nachbarn, die schon sowieso selten raus gehen, jetzt wenigstens nicht nur zum Klopapier kaufen raus gingen.  Okay, genug gemeckert. Sorry. Viel

Corona Tagebuch (17)

Heute morgen bin ich mit dem Fahrrad zur Arbeit und es war so kalt, dass mir die Finger mit Handschuhen fast abgefroren sind. Irgendwann gegen Mittag begann es in riesigen Flocken zu schneien. Leere Busse fuhren an mir vorbei. Ich bewundere die Busfahrer. Die Krähen zogen am grauen Himmel laut krakelend ihre Bahnen und ich fühlte mich wie im November. Heute nachmittag wieder mit dem Fahrrad zurück. Die Straßen sind sehr leer. Aber die paar Autofahrer beschleunigen rasant und schneiden in Kurven die Radwege. Im Edeka muss man draußen warten, bis der Security Mann einen herein lässt und ohne Einkaufswagen darf man gar nicht rein. Das Schlangestehen ist generell nicht so eine Berliner Königinnenqualität. Es gab also Gerangel, Leute, die später kamen, aber sich an der richtigen Seite der Schlange angestellt hatten und dies auch lauthals kundtaten ("es geht jetzt aber hier nicht, dass es zwei Schlangen gibt, du da hinten, stell dich mal an der richtigen Seite an" usw.) versucht

Corona Tagebuch (16)

Dieser Tag fing irgendwie schon sonderbar an. Ehrlich! Wer braucht während der Coronakrise auch noch Zeitumstellung? Dann das Wetter. Eigentlich wollte ich mit der jüngeren Tochter heute zum Teufelsberg, um zu fotografieren, jetzt ist draußen praktisch Winter, mit Schneeregen und Sturm. Wir sind dann mit dem Auto quer durch die Stadt gefahren: Olympiastadion, Gedächtniskirche, Goldelse, Alexanderplatz. Die Stadt war unglaublich leer. Wir haben Musik gehört und meine Tochter hat aus dem Auto heraus fotografiert. Irgendwie war es ein ziemlich cooler Ausflug. Diesen Link zu einem Prince Konzert  hat mir mein Bruder heute geschickt und ich finde, Ihr solltet es Euch alle anschauen. Eine weitere Stunde Ausgangssperre rum! 🙏 Wobei wir in Berlin keine wirkliche Ausgangssperre haben. Wir haben, verglichen mit vielen anderen Orten, extrem milde Auflagen, die uns verantwortliches Handeln abverlangen und zutrauen. Diese Tatsache einfach mal schätzen! Ich fühle mich ein wenig erkältet. Ab

Corona Tagebuch (15)

Heute hat meine Freundin Annette, die ich schon ewig kenne, einen Text auf Facebook geteilt und mir gestattet, ihn für mein Corona Tagebuch zu nutzen. Sie sitzt zur Zeit in Nepal mit ihrer Familie in einem Kloster fest. Sie dürfen das Gelände nicht verlassen und sie weiß nicht, wann und ob sie von dort ausgeflogen werden. Sie macht jeden Tag Gehmeditation und winkt den Menschen auf anderen Dächern zu. Zum ersten Mal ist die Luft klar, weil keine Autos mehr fahren und kein Staub aufgewirbelt wird. In Nepal herrscht absolute Ausgangssperre. Vieles von dem, was wir normalerweise tun, fällt gerade weg. Aber ich kenne niemanden, der so brutal zum Nichtstun verdammt ist wie Annette und ihre Familie. Nichtstun im eigenen Heim ist eine Sache, aber Nichtstun in der Fremde, ohne zu wissen, ob man nachhause kommt und wann, das ist nochmal eine andere Situation. Ich mag besonders die Stelle, wo sie schreibt: nichts mehr zu erreichen, außer zu sein. Nichts mehr zu tun, außer zu sein. Lest

Corona Tagebuch (14)

Heute gab es so mehrere Begegnungen oder auch Momente, wo ich mich fragte, wie lange es noch dauert, bis die Hälfte der Bevölkerung komplett abdreht? Und ob wir wirklich darauf vorbereitet sind? Also ist nicht böse gemeint, aber ich erwähnte, glaube ich, schon öfter, dass ich finde, die Coronakrise bringt die Wahrheit hervor. Man sieht die Leute plötzlich ohne Maske und kann erkennen, wie sie mit einer wirklich krassen Belastungssituation umgehen. Ihre Strategien sozusagen. Ein entfernter Cousin von mir, nur als Beispiel, hat sich über seine Firma eine ganze Palette !!!!! Klopapier besorgt, sie sich liefern lassen !!!! und die lagert jetzt in seinem Keller. Ich wette, wie ich ihn kenne, dass es auch noch vierlagig ist und farbig, oder mit farbigem Aufdruck, extra weich. Ich weiß das nur, weil er es erzählt, und wahnsinnig stolz darauf ist. #ohneWorte Gegen halb 10 radelte ich auf der Wrangelstraße Richtung Mariannenplatz. weil ich ins Büro in Mitte musste,  und mir begegneten me

Corona Tagebuch (13)

Es gibt ein kleines Stück von Yoko Ono, das ich vor geraumer Zeit irgendwo im Netz gefunden habe. Map Piece Draw a map to get lost. Spring 1964   Yoko Ono Es hat mich von Anfang an gepackt und ich habe es mir abgeschrieben und an die Wand über meinem Schreibtisch gehängt. Ich habe es auf die Collage geschrieben, an der ich gerade arbeite und in mindestens zwei der kleinen, collagenartigen Bücher, die ich mache. Ich habe es in mein Tagebuch geschrieben und in Manuskripten verwendet. Ich denke, es ist seine Bedeutung, die eine unglaubliche Weite und Freiheit, fast anarchisch, zum Ausdruck bringt, die mich so mit Energie erfüllt. Die Oberbaumbrücke und ein Himmel ganz ohne Flugzeuge oder Kondensstreifen Mache einen Plan um verloren zu gehen. Mache einen Plan, damit er sich nicht erfüllt. Erhalte dir die Offenheit, dass immer alles möglich ist und du nicht verhärtest in einer Erwartungshaltung, die nur noch mit einem Ausgang für egal welche Situation zufrieden sein kann. Z

Corona Tagebuch (12)

"You shall know the truth, and the truth shall make you odd." Dieses Zitat von Flannery O'Connor , die heute Geburtstag hat, knüpft gut an das an, was ich gestern geschrieben habe. Deshalb steht es hier gleich zu Anfang. Flannery O'Connor wäre 95 Jahre alt geworden. Ihr Buch Keiner Menschenseele kann man noch trauen klingt wie etwas, das man jetzt eventuell lesen, oder auch gerade nicht lesen sollte. Je nachdem, wie man drauf ist. Hier ein toller Artikel darüber von 2018, Deutschlandfunk. Es ist im Arche Literaturverlag erschienen. Es gibt eine Website, die heißt The Delhi Walla . Eigentlich ist sie wie eine Enzyklopädie von New Delhi. Allerdings hat der Herausgeber jetzt alle, die möchten, aufgerufen, einen Text und ein Selfie zu ihm zu schicken. Der Beginn des Textes soll lauten: I close my eyes in my self isolation from Corona and I see.... Dies ist, was ich geschrieben habe: I close my eyes in my self isolation of Corona, and I see a guy, who is wearing

Corona Tagebuch (11)

Gerade beginnt man sich so ein bisschen in diesem Alltag einzurichten, oder? Zumindest geht es mir so. Ich bin nur noch selten an meiner Arbeitsstelle, arbeite viel von zuhause aus und mache tausend Dinge, zu denen ich sonst nicht komme. Ich habe meinen Chef schon vorgewarnt, dass ich nach dieser Coronakrise vermutlich für immer für einen Job im Büro verdorben bin. Ich habe das Gefühl, das geht gerade vielen so. Fast jeden Tag zum Beispiel unternehme ich einen langen Spaziergang mit der jüngsten Tochter, die ihre Kamera dabei hat und für ein Schulprojekt Berlin fotografiert. Heute waren wir in Friedrichshain. Wir sind über das RAW Gelände geschlendert, das fast ganz leer war. auf dem RAW Gelände Wieder sah man, wie gestern, hauptsächlich Mütter mit Kindern, Einzelspaziergänger oder Zweiergruppen. In der Buchhandlung lesen & lesen lassen , die heute zum letzten Mal ihre Türen geöffnet hatte, haben wir vier Bücher gekauft. Mir sind Sophie Calle Das Adressbuch und Na

Corona Tagebuch (10)

Heute also. Es ist nicht wirklich viel geschehen. Ich war arbeiten. Einige meiner KollegInnen waren auch da. Wir haben alle sehr darauf geachtet, dass wir Abstand zueinander halten. 2 Meter. Es war schön, sie zu sehen. Ich merke, wie ein großer Teil meines sozialen Lebens sich normalerweise dort abspielt. Ich nehme aber auch wahr, dass ich soviel soziales Leben für mich nicht brauche, um froh zu sein. Ich kann vieles vom Homeoffice aus machen und werde vielleicht noch einmal diese Woche mit dem Fahrrad zum Büro fahren. Die neuen Bestimmungen für Berlin sind seit gestern Abend raus und ich kann mit ihnen sehr gut leben. Sie verlangen mir nicht wirklich soviel ab, was ich nicht in meinem normalen Leben praktiziere. Ich gehe so gut wie nie aus. Ich treffe mich sehr selten mit größeren Gruppen. Dafür mache ich gerne Spaziergänge, allein oder zu zweit. Weil ich soviel schreibe, sitze ich den größten Teil der mir verfügbaren Zeit allein an irgendeinem Tisch herum. Das kann ich jetzt mac

Corona Tagebuch (9)

Wir waren immer so fragil. Wir haben es nur nicht bemerkt. Im Wald. Der Spielplatz, der sich mitten im Wald befindet, abgesperrt durch rot-weißes Flatterband und während ich es noch anstarre, fährt ein Polizeiwagen in den Wald und kontrolliert, ob jemand die Regel bricht. Was ich noch vor kurzem schrecklich gefunden hätte aufgrund der Unfreiheit und Kontrolle, finde ich jetzt aus ganz anderen Gründen schrecklich. Dass es immer noch Menschen gibt, die denken, ihr persönliches Freiheitsbewusstsein dadurch unter Beweis stellen zu müssen, dass sie es mutwillig riskieren, sich anzustecken und damit die Infektionskette zu beschleunigen. Regelbruch ist gerade selten uncool. Damit zu kokettieren finde ich schrecklich. Das Polizeiauto im Wald, das ich noch vor wenigen Wochen als lächerlichen Affront empfunden hätte, ich wollte den Beamten heute am liebsten aufmunternd zulächeln, damit sie ihren Job nicht hin schmeißen angesichts der Dummheit, die ihnen sicherlich täglich begegnet. Oft ge

Corona Tagebuch (8)

Was war heute? Heute war die Wirklichkeit in Realität ganz anders. ein kleiner geschlossener Laden am Weichselplatz, Neukölln In Wirklichkeit ist die Realität ganz anders Ein Spaziergang mit der jüngeren Tochter. Es war kalt. Die Bäume blühen so schön. Es war stürmisch, der Himmel riss auf und die Sonne begann ein wenig zu wärmen. Am Kanal war es relativ leer. Aber wir sind bis nach Neukölln gelaufen und ich möchte sagen: Social Distancing auf der Sonnenallee in Neukölln ist eine Herausforderung. Viele Menschen mit Gesichtsmasken unterwegs. Treptow, Coronazeit Beim Einkauf im kleinen Rewe auf der Ecke wird darauf geachtet, dass nur noch fünf Kunden gleichzeitig im Laden sind und Abstand halten. Ich kenne die Leute dort seit immer, seitdem meine älteste Tochter ein Baby war, und das ist 20 Jahre her. Also bleibe ich kurz 2 Meter entfernt von ihr stehen, um mit der Besitzerin ein paar freundliche Worte zu wechseln. Ein anderer Kunde schubst mich fast beiseite und knurrt &quo

Corona Tagebuch (7)

Und dann kommst du in den Bioladen ( Biotopia ), in dem Du einkaufst, seitdem die Kinder Babies sind, und die Theke ist plötzlich, verbreitert um ca. 1,5 m durch eine gewagte Konstruktion und abgedeckt mit einem schimmernden roten Samttuch, praktisch an der Eingangstür. Und du bewunderst diese Helden, die jeden Tag das Risiko eingehen, sich anzustecken und du beschließt, solange du noch darfst und solange sie sich das antun, nur noch bei ihnen einzukaufen. Alle sind so ein bisschen linkisch, weil plötzlich gibt man sich Geld und Karte über einen silbernen Teller und vermeidet jede Nähe. Das ist in Kreuzberg so ungewöhnlich, dass natürlich auch gleich wieder eine unbedarfte Kundin sich praktisch an mich schmiegt und ihre Ware schonmal auf meine drauflegt, um mir über die Schulter dabei zuzuschauen, wie ich meine Geheimnummer eingebe. Naja, Kreuzberg halt. Vorgestern Abend begann ich das Buch „ Verzeichnis einiger Verluste “ von Judith Schalansky und ich finde, vom Titel her passt

Corona-Tagebuch (6)

Gestern schrieb ich: dies ist keine Zeit für Rechthaberei. Heute würde ich hinzufügen: und auch keine für Verleugnung. Die Bewältigungsstrategie vieler Menschen, auch in meinem Umfeld, ist aber genau das: sie  verleugnen die Drastik der Situation. Ej, das ist eine normale Grippe. Diese Panik ist soooo übertrieben. Und lustig sitzt man in Gruppen  im Straßencafé und feiert die freie Zeit, als wäre ein kollektiver Superurlaub angebrochen. Es gab, vielleicht vor 3 oder 4 Wochen, den Punkt, wo ich selbst noch in diese Richtung hätte neigen können. Aber das hat sich sehr geändert und ich merke, wie diese Haltung seliger Ahnungslosigkeit mich seit heute etwas aggressiv macht. Weil sie letztendlich dazu führen wird, dass sich mehr Menschen schneller infizieren. Wenn man davon ausgeht, dass ein erheblicher Prozentsatz dieser Leute schwere Verläufe hat, auch junge, dann ist das ein beunruhigendes Szenario. In Italien müssen sich die Ärzte unter 8 Patienten denjenigen für einen Beatmungspl

Corona Tagebuch (5)

And the people stayed home. And read books, and listened, and rested, and exercised, and made art, and played games, and learned new ways of being, and were still. And listened more deeply. Some meditated, some prayed, some danced. Some met their shadows. And the people began to think differently. And the people healed. And, in the absence of people living in ignorant, dangerous, mindless, and heartless ways, the earth began to heal. And when the danger passed, and the people joined together again, they grieved their losses, and made new choices, and dreamed new images, and created new ways to live  and heal the earth fully, as they had been healed. Dies hat mir meine Tochter heute morgen geschickt. Es ist ein Zitat, das einer gewissen Kitty O'Meara zugeschrieben wird, über die ich nichts weiß. Aber das spielt auch keine Rolle. Denn dieses Zitat ist so tief und bedeutungsvoll und birgt soviel Energie und Möglichkeit, sich einer heilenden anstatt einer panis