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Es werden Posts vom Juni, 2020 angezeigt.

Corona Tagebuch (56)

"In die Mulde meiner Stummheit leg ein Wort und zieh Wälder groß zu beiden Seiten, dass mein Mund ganz im Schatten liegt." Ingeborg Bachmann Diese Woche war Ingeborg Bachmanns Geburtstag. Immer war sie eine meiner liebsten Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Ich mag es, wie sie in die Tiefe taucht, ohne Rücksicht auf Verluste. Wie sie sich selbst verbrennt auf der Suche nach wahren Worten. Sie ist für mich eine literarische Heldin und Mutter.  (  Diesen Text   habe ich vor sechs Jahren über sie und ihre Bedeutung für mich geschrieben) Ich kann nicht durch Rom laufen, ohne daran zu denken, dass es ihre Stadt war. Also Rom ist für mich nicht die Hauptstadt Italiens, sondern die Stadt, in der Ingeborg Bachmann lebte und starb, möchte ich damit sagen. Diese Woche war ich nicht ein einziges Mal im Wald. Ich war auch in keinem See. Ich musste am Wochenende arbeiten, weil wir bei uns am Seminar eine Fortbildung hatten für 80 Lehrer*innen. Alle anderen Seminare h

Corona Tagebuch (55)

Irgendwie habe ich das Bedürfnis, doch nochmal über Corona zu schreiben. Denn es ist ja nicht vorüber und langsam dämmert mir: das wird auch noch sehr lange so bleiben. Und dieser Zustand macht die ganze Zeit weiter etwas mit einem. Oder? Keine Ahnung, ob wir jemals wieder das haben werden, was bis Mitte März unser normales Leben war? Wobei sich meines von den Grundsätzen her gar nicht so stark unterscheidet. Ich war immer schon eher nicht so die Partygängerin et cetera. Dennoch nervt mich alles an manchen Tagen und ich sehe, dass man sich darüber aufregen kann. Aber ich tue es nicht. Weil ich immer vollkommen einsehe, dass dies jetzt die Situation ist. Wir können sie ändern, aber dann wird es sein wie in Brasilien oder den USA, wo man dennoch in Angst lebt, aber überhaupt nicht mehr das Gefühl hat, sich auf irgendetwas verlassen zu können. Ich habe mit meinem Kollegen aus Nigeria gesprochen und wir kamen zu dem Schluss, dass Deutschland eine Regierung hat, der die Menschen in dem L

Buch der Woche - Spring von Ali Smith

Es gibt eine große Auswahl an Büchern von Ali Smith auf Deutsch . Sie sind bei Luchterhand erschienen. Spring ist das neueste ihrer Bücher und noch nicht auf Deutsch erschienen. Ich möchte es trotzdem hier besprechen, weil es ein Buch ist, das mich vom ersten Satz an nicht mehr losgelassen hat. Dieser erste Satz lautet: " Now what we don't want is Facts ." weiter geht es dann so: "What we want is bewilderment. What we want is repetition. What we want is repetition. What we want is people in power saying the truth is not the truth. What we want is elected members of parliament saying knife getting heated stuck in her front and twisted things like bring your own noose we want governing members of parliament shouting kill yourself at opposition members of parliament we want powerful people saying they want other powerful people chopped up in bags in my freezer..." Da wusste ich, dass ist mein Buch. Wovon handelt dieses Buch: Vom Leben in Großbitannien jet

Was gerade geschieht ....

.... darüber fehlen mir alle Worte. Ich spreche mit Menschen darüber, mit Freunden oder meiner Tochter, aber sprechen ist von meiner Seite aus das falsche Wort. Denn wenn ich überhaupt etwas sage, dann eher so: "Ich kann dazu nichts sagen. Es steht mir nicht zu. Ich merke, dass ich absolut nichts weiß, also wäre es idiotisch, mit einer Meinung herum zu wedeln. Ich halte den Mund und wenn ich ihn öffne, dann höchstens, um Fragen zu stellen. Ich erkenne plötzlich, dass und wie auch ich Teil dieses Problems bin, das Rassismus heißt und das ist eine tiefgehende Erkenntnis und ich weiß nicht, was sich in ihrem weiteren Verlauf alles für mich ändern wird, aber ich bin ganz sicher bereit dazu." Ich merke, wie ich einfach nur lernen möchte, über Rassismus, über mich und warum wir alle jemanden brauchen, auf den wir herab schauen können, dieses ganze System, in dem wir leben, braucht immer Leute, die weniger wert sind. Damit sind wir alle groß geworden und wir sind froh, wenn wir e