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Es werden Posts vom April, 2020 angezeigt.

Corona Tagebuch (48)

"Our intention is to affirm this life, not to bring order out of chaos, nor to suggest improvements in creation, but simply to wake up to the very life we’re living, which is so excellent once one gets one’s mind and desires out of its way and lets it act of its own accord." -John Cage Lissabon Unsere Intention ist es, das Leben zu bestätigen, nicht das Chaos zu ordnen, oder Verbesserungen der Schöpfung vorzuschlagen, sondern einfach aufzuwachen zu dem Leben, das wir leben, welches so wunderbar ist, wenn du erst einmal dein eigenes Denken und deine Wünsche aus dem Weg geräumt hast und es nach seinem eigenen Plan sich entfalten lässt. Dieses Zitat schlägt ja nochmal einen Bogen zu dem, was ich gestern geschrieben habe. Es gibt ein Buch von ihm, das heißt   Silence , darin heißt es unter anderem: es gibt keine leere Zeit und auch keinen leeren Raum. Es gibt immer etwas zu sehen oder zu hören. Egal, wie sehr wir uns bemühen, wir können keine wirkliche Leere, keine wirkl

Corona Tagebuch (47)

Be kind. Be more mindful. In einem seiner Talks, die ich gerade auf Spotify anhöre, erzählt Joseph Goldstein von einem Meditationsaufenthalt in einem Kloster in Burma vor vielen Jahren, und die Zustände dort waren eine Katastrophe. Er musste mit vier anderen in einem winzigen Raum auf dem Zementboden schlafen, das Essen war mies, es war den ganzen Tag über sehr laut, und in seinem Kopf liefen die Gedanken Sturm: "Was fällt denen ein! Ich bin hierher gekommen, um Erleuchtung zu finden! Das geht ja gar nicht unter diesen Umständen." Und so weiter. Wenn er zum Gespräch mit dem Meditationslehrer kam, beklagte er sich auch bei ihm und dieser sagte nur: "Be more mindful." Sei aufmerksam dem gegenüber, was im Augenblick ist. Nicht deinen Gedanken gegenüber, die ja nur eine Geschichte erzählen, die eigentlich immer nur eine Geschichte erzählen, sondern den Kleinigkeiten. Wenn Du gehst, gehe aufmerksam. Wenn du atmest, atme aufmerksam. Wenn du sitzt, sitze. Wenn du denks

Corona Tagebuch (46)

Der Dom, der Fernsehturm, der Himmel, Berlin Ende April 2020, #Coronatimes "Most of us don't wanna change. I mean, why should we..... We keep being ourselves, but hopefully better versions of ourselves. But what happens when an event occurs, that is so catastrophic, that you just change?" -Nick Cave, in dem Film One more time with Feeling , der nach dem Unfalltod seines Sohnes gedreht wurde und den Umgang mit Trauer und Verlust, mit einer Katastrophe schildert, die alles verändert. Dieser Film ist groß und er hat mich Nick Cave wirklich entdecken lassen. Dieser Typ ist klug und arbeitet an sich und wächst ständig und teilt es, teilt alles, was er weiß. Natürlich meditiert er auch, das muss man vermutlich gar nicht erwähnen. Es hat mich beeindruckt, wie weit er sich entwickeln kann und es hat mich in den letzten Jahren immer wieder inspiriert, auch Dinge von ihm zu lesen. Es gibt die Red Hand Files , in denen er Fragen von Leuten schriftlich beantwortet. Da

Corona Tagebuch (45)

Ab heute gilt in Berlin in den öffentlichen Verkehrsmitteln Maskenpflicht. Ich habe darüber nicht weiter nachgedacht, weil ich seit sieben Wochen in keinem öffentlichen Verkehrsmittel mehr war und auch nicht dachte, dass sich das groß vor dem Winter ändern würde. Schließlich habe ich ein Fahrrad und komme damit bequem überall hin. Allerdings hatte meine Fahrrad andere Pläne und ging heute auf dem Weg zur Arbeit, nur circa hundert Meter von meinem Fahrradladen entfernt, kaputt. Ich schob es zum Laden und stellte fest, dass der Montag geschlossen ist. Also Bus und U-Bahn. Laufen ist ziemlich weit. Es wäre möglich, aber ich würde sicher mehr als eine Stunde benötigen und war sowieso schon spät dran, weil ich vor der Arbeit noch meinen Laptop zu meiner Tochter bringen und für die Zoom - Unterrichtsstunde starten musste. #Coronaalltag Yippieh! In Bus und Bahn trugen dann wirklich fast alle eine Maske und hielten auch Abstand. Da ich mir ja schon vor Wochen Masken bei Für mich gemacht  

Corona Tagebuch (44)

Seit heute dürfen die Kinder in Spanien zum ersten Mal seit fünf Wochen für eine Stunde raus. In Begleitung eines Erwachsenen. In Spanien darf man generell nur raus, um zum einkaufen zu gehen, zum Arzt oder in die Apotheke. Und wehe, Du wirst zu weit von zuhause weg erwischt. Und wehe, Du hast keinen Einkauf oder Kassenbon dabei. Mit dem Hund dürfen sie raus, aber nur im Umkreis von 50 Meter um ihr Haus. Wie gesagt, Kinder durften seit fünf Wochen nicht raus. Die Wohnungen sind enger, dichter belegt, kleiner als in Deutschland. Es gibt nicht so viele Eigenheime. Sie haben den Strand vor der Tür, dürfen aber nicht hin. Spanier posten keine Fotos von leeren Städten, und wenn, dann sind die Fotos aus ihrem Fenster heraus aufgenommen. Keine langen Spaziergänge durch die ganze Stadt, auf denen man sich Gedanken machen kann über das Elend des Lockdowns. All diese Gedanken kann man sich in den eigenen vier Wänden machen. Wo sich schon die Gedanken aller anderen Bewohner stauen. Ich

Corona Tagebuch (43)

Heute habe ich den Balkon in meiner Wohnung bepflanzt. Zum ersten Mal, seitdem ich sie habe. Plötzlich sieht der Balkon aus, als wäre die Wohnung bewohnt und nicht eine von diesen Ferienwohnungen. Also, bepflanzt hört sich jetzt doller an, als es erstmal ist. Ich habe nur drei Pflanzen in einen hellblauen Metallbehälter gepflanzt. Ich bräuchte sechs weitere, damit der Balkon rundum bunt wird. Ich habe ja Zeit. Ein Anfang ist gemacht. Auf dem Weg dorthin, mit meinem Behälter in einer Einkaufstüte, kreuzte ich die Lohmühlenbrücke. Unter ihr, die ja direkt zu einem Spielplatz führt, haben Obdachlose sich eingerichtet. Sie haben Matratzen am Boden ausgebreitet und machen jeden Abend ein Feuer. Es ist noch verdammt frisch, wenn man immer draußen sein muss. Der Spielplatz, auf dem ich gefühlt Jahre meines Lebens mit meinen Töchtern verbracht habe, ist ja seit sechs Wochen mit rot-weißem Flatterband abgesperrt. Deshalb stört die Obdachlosen niemand. Sie haben sich dort einen trockenen, einig

Corona Tagebuch (42)

Den Stillstand verwalten. Das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Dort, wo ich arbeite, steht seit Wochen vieles bis alles still. Dennoch müssen wir irgendwie den Menschen, die bei uns eine Ausbildung machen, in diesen Stillstand hinein, dessen Regeln sich immer wieder ändern, weiterhin einen Ausbildungsstrang anbieten, ohne sie zu überfordern. Den Stillstand verwalten, ohne zu wissen, wie und wann es weiter gehen kann. Wenn es weiter gehen sollte, werden viele daran gar nicht teilnehmen, weil ihre Kinder immer noch unbetreut sind, sie zu Risikogruppen gehören oder sie schlichtweg Angst haben, sich anzustecken und lieber vorsichtig sein möchten. In einen Nebel hinein klare Pläne entwerfen. Die am nächsten Tag ihre Gültigkeit wieder verlieren. Der Wunsch nach Planungssicherheit. Geschenkt. Die Ängste. Die eigenen und die aller anderen. Sie erfüllen die Luft wie das Surren von einem riesigen Schwarm Insekten. Deutlich spürt man die Zerbrechlichkeit von allem und von uns allen. M

Corona Tagebuch (41)

"The very least you can do in your life is to figure out what to hope for. And the most you can do is live inside that hope." Barbara Kingsolver Dieses Zitat fand ich zufällig in einem alten Facebook Post und es erinnert mich daran, dass ich endlich ein Buch von ihr lesen muss. Außerdem ist es ein wunderbares Zitat für diesen Moment: Das mindeste, was du tun kannst in deinem Leben ist heraus zu finden, was du hoffst. Und das größte ist es, in dieser Hoffnung zu leben. Heute radelte ich von der Arbeit zurück, über die Köpenicker Straße. Dort stand eine sehr lange Schlange auf dem Bürgersteig. Vielleicht zwanzig Personen, immer circa 2 Meter entfernt voneinander, warteten, schauten auf ihre Handys, standen, warteten. Es erregte meine Neugier und als ich den Anfang der Schlange suchte, fand ich die Tür vom Zalando Outlet, bewacht von einem Security Menschen, der immer einen rein ließ, wenn einer raus kam und ich dachte: wie schön. Man kann wieder shoppen. Nicht

Corona Tagebuch (40)

Donde hay vida hay muerte. Spanisches Sprichwort, in etwa: Wo Leben ist, ist auch Tod. Es fällt mir neuerdings schwerer, dieses Tagebuch zu schreiben, weil ich in meinem Kopf ständig mit den Meinungen zu Corona, den Maßnahmen, dem Erfolg, den Folgen beschäftigt bin. Den Meinungen der anderen und meiner eigenen, die im Grunde darauf hinaus läuft, dass ich den Maßnahmen zustimme und ihren Sinn ohne Wenn und Aber einsehe. Ich weiß aber, dass es viele gibt, die das anders sehen. Manche sehen es auf eine Weise anders, die mich leicht aggressiv macht. Andere sehen es auf eine Weise anders, dass ich nachdenken muss und vielleicht sogar nach einem Gespräch ein wenig in ihre Richtung tendiere. In jedem Fall klopfe ich meine Meinung, meinen Standpunkt im Grunde täglich ab. Und seitdem wieder so viele Rechte ihre Meinung zu dem allen öffentlich kundtun und so viele Populisten aus allen Richtungen, seitdem strengt es mich an, dass es überhaupt Meinungen gibt. Eigentlich möchte ich in einer Welt

Corona Tagebuch (39) ist eine Corona #stayathome Leseliste

Mir ist aufgefallen, dass ich meine Bücher seit dem 16. März recht bewusst wähle und sie teilweise thematisch wie geschaffen sind für die momentane Situation. Daher dachte ich mir, dass ich an dieser Stelle für Euch eine Bücherliste anlege, wo Ihr, wenn Ihr wollt, Inspiration finden könnt. Passende Bücher zum Eingesperrtsein, Literatur zum Ausnahmezustand, zu der Tatsache, dass alles im Wandel ist und dass wir plötzlich viel mehr spazieren gehen, als jemals zuvor. Ich finde Spaziergänge und Radtouren eigentlich erst so richtig attraktiv, seitdem ich zuhause bleiben soll. Weshalb ich im Grunde weniger zum Lesen komme, als ich vor dem Lock Down erwartet hatte. Und dann ist da auch noch Netflix. Reden wir nicht darüber. Ich lese trotzdem fleissig und kann Euch passende Bücher für die Einsamkeit, das beglückende Alleinsein, die Selbstsuche, die Isolation und die Konfrontation mit der kompletten Auflösung dessen, was gerade noch das eigene Leben war, präsentieren. Ich denke, ich werde di

Corona Tagebuch (38)

"Ej, Ralle, man lebt nich von Notfall zu Notfall." aus: Warten auf'n Bus Die Läden hatten hier doch noch nicht so richtig auf. Beim Fahrradfahren durch die Stadt ins Büro nach Mitte ist mir aufgefallen, dass es immer noch genauso leer war wie letzte Woche. Keine Veränderung. Oder doch: Ich habe heute sicher zwanzig Menschen mit Mundschutz gesehen und ich habe den Eindruck, dass es zunimmt. Aber keine Explosion von Menschen, die plötzlich die Freiheit genießen wollen. Eher Zurückhaltung. Allerdings eine Zunahme von Demonstranten für die "Freiheit", gegen "Impfterrorismus" und gegen die "Coronamaßnahmen"- Ich hatte es ja in meinem Text von vorgestern erwähnt, dass es diese Demo gegeben hatte. Mittlerweile weiß ich darüber mehr. Am Rosa Luxemburg Platz in Mitte demonstrieren jeden Samstag Menschen gegen die Coronamaßnahmen. Letzten Samstag waren es circa 500. Wie auch in den öffentlichen Netzwerken versammeln sich dort Menschen mit einem e