Über meinem Schreibtisch hängt unter vielen anderen Fotos eines von dem großen israelischen Schriftsteller Amos Oz, dessen Buch Eine Geschichte von Liebe und Finsternis zu den besten Büchern gehört, die ich in meinem ganzen Leben gelesen habe.
Über dem Bild, das ich aus einer Zeitschrift ausgeschnitten habe, steht ein Zitat von ihm aus seinem Werk "Der dritte Zustand":
"Wir sollten endlich lernen, in Übergangszuständen, die sogar viele Jahre dauern können, zu leben und zu handeln, anstatt beleidigt mit der Wirklichkeit zu spielen. Unsere mangelnde Bereitschaft, in einem offenen Zustand zu leben, unsere Sucht, sofort zur Schlusszeile überzugehen augenblicklich festzulegen, was am Ende heraus kommen soll - das sind doch die wahren Gründe für unsere politische Impotenz."
Also, wenn ich jemals ein Zitat gefunden habe, das PERFEKT auf die momentane Situation passt, dann dieses. Ein Hoch auf alle, die sich nicht hetzen lassen, sondern sich qualifiziert informieren und DANN ERST ENTSCHEIDEN. Selbst wenn es dauert. Selbst wenn es so lange dauert, dass andere schon wieder Lösungen vorschlagen, die zwar keinen Sachverstand verraten, aber immerhin ein Geschick darin, sich der öffentlichen Meinung anzubiedern oder diese zu provozieren.
Ich muss an eine Geschichte über einen Zen Lehrer denken, die ich kürzlich hörte.
Ein Schüler kam zu ihm und klagte, dass er sich absolut unsicher fühle, gefährdet, dass es in diesem Leben nichts gäbe, an dass er sich festhalten könne. Er jammerte und klagte sicherlich eine halbe Stunde lang. Der Lehrer hörte sich die Klagen des Schülers geduldig an. Als der Schüler fertig war, sah der Lehrer ihn sehr lange an, blickte ihm in die Augen und dann sagte er: "Ja, du hast absolut recht. Dieses Leben ist nirgendwo sicher. Es gibt nichts, woran wir uns festhalten können. Wir schweben ständig in allergrößter Gefahr. Du hast es verstanden."
Das Zitat von Amos Oz und diese kleine Geschichte drücken für mich das Gleiche aus. Nicht die Unsicherheit ist das Problem, sondern dass wir sie nicht akzeptieren und mit allen Mitteln versuchen, sie zu bekämpfen. Was nie zu einem endgültigen Ergebnis führen wird, sondern vielmehr das Chaos vergrößert. Denn die Unsicherheit ist ein Fakt. Auf lange Sicht wird es darum gehen, die Menschen daran zu gewöhnen, dass sie diese aushalten, lange. Dass sie nicht ungeduldig nach einer Lösung rufen, sondern Geduld entwickeln, so dass man auf die Lösung warten kann, die sich aus den Umständen und Unsicherheiten immer wie von selbst entwickelt.
Die schlechte Nachricht ist, ich habe es jetzt doch geschafft, einen kostenlosen Probemonat bei Netflix einzurichten. OH MEIN GOTT! Das ist im Grunde mein Untergang. Ich werde nie wieder meine Couch verlassen. Denn schon auf den ersten Blick habe ich dort so viele Serien und Dokumentationen gesehen, dass ich nicht wirklich weiß, wie ich jetzt noch Homeoffice machen soll, Spaziergänge, oder das Corona Tagebuch weiter führen kann.
Beginnen werde ich mit Unorthodox. Ich habe das gleichnamige Buch von Deborah Feldman bereits vor drei Jahren gelesen und wirklich geliebt. Sie ist eine so tolle Person und Schriftstellerin. Hier ist meine Besprechung zu dem Buch.
Ich hätte vermutlich, um mein Leben nicht zu zerstören, besser doch das Amazon Prime Abo genommen. Denn da kommt effektiv gar nichts, was mich vom Leben abhält.
Michael Müller hat angekündigt, dass Lockerungen in Berlin nicht vor dem 27. April zu erwarten sind.
In den USA sind Ivanka Trump und Jared Kushner Teil der Kommission, die dort über Lockerungen entscheiden wird. Falls sich hier nochmal jemand über Merkel oder Spahn oder Drosten aufregen mag.
Aber ich habe in den sozialen Netzwerken schon festgestellt, dass diejenigen, die das tun, Trump auch einen tollen Präsidenten finden und glauben, er hat die ganze Krise viel besser gemanagt als zum Beispiel unsere Regierung. Das klingt dann auch immer gleich so, als wäre die Krise schon vorüber. Als würden wir einfach Schulen und Geschäfte wieder öffnen, und der Corona Virus trollt sich, oder durchseucht halt endlich die Bevölkerung und wir haben Herdenimmunität. Zack. Problem gelöst. Ist doch wirklich nicht so schwierig.
Nie hätte ich gedacht, dass ich mal positiv über eine CDU-geführte Regierung denke. Aber es ist das zweite Mal. Das erste Mal war während der Flüchtlingskrise, wo ich mich rückblickend immer noch fremdschäme für all die anderen Politiker im In- und Ausland, die aus Machtgier und eiskalter Kalkulation Angela Merkel in den Rücken gefallen sind.
Ist schon klar: auch zu dieser Geschichte gibt es viele Versionen. Aber das ist meine.
Immer schön an Glasman Roshi denken: Everything is an opinion. Everything.
Eine Frau, die das Social distancing wirklich zum Lebensstil kultiviert hat, ist die amerikanische Malerin Georgia O'Keeffe. Sie ist eine meiner Lieblingskünstlerin und ihre Heimat, New Mexico, ist einer meiner Seelenorte. Ich musste heute ständig daran denken. Gerne würde irgendwann mehr Zeit dort verbringen und ich erinnerte mich gerade heute an die Zeit, die ich vor sechs Jahren dort mit meiner Tochter sein durfte, im Künstlerzentrum Herekeke. Hier ein Photo von der Umgebung. Eine so leere, so wunderschöne Landschaft, da wird Abstand halten zur selbstverständlichsten Sache der Welt.
Die gute Nachricht für heute: In meinem Supermarkt in Treptow gab es zum ersten Mal seit ungefähr fünf Wochen Toilettenpapier, als ich dort war. Ich habe natürlich SOFORT ein Zehnerpack gekauft, obwohl ich noch fünf Rollen zuhause habe. Normalerweise warte ich damit, bis ich auf zwei Rollen runter bin. Aber ehrlich gesagt ist mir das im Moment zu heikel. Eine Nachricht im Sinne von: die Infiziertenzahlen steigen, die Ausgangssperre muss strenger gehandhabt werden und schwupps, gibt es wieder wochenlang kein Papier.
Dann bekam ich noch eine Nachricht von einer Freundin. Sie ist kurz vor der Ausgangssperre, als die Grenzen noch offen waren, nach Frankreich gefahren. Dort ist sie immer noch. In dem Haus einer Freundin, irgendwo in der totalen Einsamkeit und pflanzt Bäume auf deren Grundstück.
Das war eigentlich das Schönste, was ich heute gehört habe. Meine Freundin ist in Frankreich und pflanzt Bäume und lässt sich null stressen. Sie hat sowieso kaum Internet. Es geht ihr wunderbar und sie tut in diesem ganzen Wahnsinn sehr viel für unser Klima. Das hat mich glücklich gemacht.
Schlaft gut, bleibt gesund, haltet Abstand, ragazzi und companeras. 💚💚💚🌳🌳🌳
May the force be with you 💪
(c) Susanne Becker
Über dem Bild, das ich aus einer Zeitschrift ausgeschnitten habe, steht ein Zitat von ihm aus seinem Werk "Der dritte Zustand":
"Wir sollten endlich lernen, in Übergangszuständen, die sogar viele Jahre dauern können, zu leben und zu handeln, anstatt beleidigt mit der Wirklichkeit zu spielen. Unsere mangelnde Bereitschaft, in einem offenen Zustand zu leben, unsere Sucht, sofort zur Schlusszeile überzugehen augenblicklich festzulegen, was am Ende heraus kommen soll - das sind doch die wahren Gründe für unsere politische Impotenz."
Also, wenn ich jemals ein Zitat gefunden habe, das PERFEKT auf die momentane Situation passt, dann dieses. Ein Hoch auf alle, die sich nicht hetzen lassen, sondern sich qualifiziert informieren und DANN ERST ENTSCHEIDEN. Selbst wenn es dauert. Selbst wenn es so lange dauert, dass andere schon wieder Lösungen vorschlagen, die zwar keinen Sachverstand verraten, aber immerhin ein Geschick darin, sich der öffentlichen Meinung anzubiedern oder diese zu provozieren.
Ich muss an eine Geschichte über einen Zen Lehrer denken, die ich kürzlich hörte.
Ein Schüler kam zu ihm und klagte, dass er sich absolut unsicher fühle, gefährdet, dass es in diesem Leben nichts gäbe, an dass er sich festhalten könne. Er jammerte und klagte sicherlich eine halbe Stunde lang. Der Lehrer hörte sich die Klagen des Schülers geduldig an. Als der Schüler fertig war, sah der Lehrer ihn sehr lange an, blickte ihm in die Augen und dann sagte er: "Ja, du hast absolut recht. Dieses Leben ist nirgendwo sicher. Es gibt nichts, woran wir uns festhalten können. Wir schweben ständig in allergrößter Gefahr. Du hast es verstanden."
Das Zitat von Amos Oz und diese kleine Geschichte drücken für mich das Gleiche aus. Nicht die Unsicherheit ist das Problem, sondern dass wir sie nicht akzeptieren und mit allen Mitteln versuchen, sie zu bekämpfen. Was nie zu einem endgültigen Ergebnis führen wird, sondern vielmehr das Chaos vergrößert. Denn die Unsicherheit ist ein Fakt. Auf lange Sicht wird es darum gehen, die Menschen daran zu gewöhnen, dass sie diese aushalten, lange. Dass sie nicht ungeduldig nach einer Lösung rufen, sondern Geduld entwickeln, so dass man auf die Lösung warten kann, die sich aus den Umständen und Unsicherheiten immer wie von selbst entwickelt.
Die schlechte Nachricht ist, ich habe es jetzt doch geschafft, einen kostenlosen Probemonat bei Netflix einzurichten. OH MEIN GOTT! Das ist im Grunde mein Untergang. Ich werde nie wieder meine Couch verlassen. Denn schon auf den ersten Blick habe ich dort so viele Serien und Dokumentationen gesehen, dass ich nicht wirklich weiß, wie ich jetzt noch Homeoffice machen soll, Spaziergänge, oder das Corona Tagebuch weiter führen kann.
Beginnen werde ich mit Unorthodox. Ich habe das gleichnamige Buch von Deborah Feldman bereits vor drei Jahren gelesen und wirklich geliebt. Sie ist eine so tolle Person und Schriftstellerin. Hier ist meine Besprechung zu dem Buch.
Ich hätte vermutlich, um mein Leben nicht zu zerstören, besser doch das Amazon Prime Abo genommen. Denn da kommt effektiv gar nichts, was mich vom Leben abhält.
Michael Müller hat angekündigt, dass Lockerungen in Berlin nicht vor dem 27. April zu erwarten sind.
In den USA sind Ivanka Trump und Jared Kushner Teil der Kommission, die dort über Lockerungen entscheiden wird. Falls sich hier nochmal jemand über Merkel oder Spahn oder Drosten aufregen mag.
Aber ich habe in den sozialen Netzwerken schon festgestellt, dass diejenigen, die das tun, Trump auch einen tollen Präsidenten finden und glauben, er hat die ganze Krise viel besser gemanagt als zum Beispiel unsere Regierung. Das klingt dann auch immer gleich so, als wäre die Krise schon vorüber. Als würden wir einfach Schulen und Geschäfte wieder öffnen, und der Corona Virus trollt sich, oder durchseucht halt endlich die Bevölkerung und wir haben Herdenimmunität. Zack. Problem gelöst. Ist doch wirklich nicht so schwierig.
Nie hätte ich gedacht, dass ich mal positiv über eine CDU-geführte Regierung denke. Aber es ist das zweite Mal. Das erste Mal war während der Flüchtlingskrise, wo ich mich rückblickend immer noch fremdschäme für all die anderen Politiker im In- und Ausland, die aus Machtgier und eiskalter Kalkulation Angela Merkel in den Rücken gefallen sind.
Ist schon klar: auch zu dieser Geschichte gibt es viele Versionen. Aber das ist meine.
Immer schön an Glasman Roshi denken: Everything is an opinion. Everything.
Eine Frau, die das Social distancing wirklich zum Lebensstil kultiviert hat, ist die amerikanische Malerin Georgia O'Keeffe. Sie ist eine meiner Lieblingskünstlerin und ihre Heimat, New Mexico, ist einer meiner Seelenorte. Ich musste heute ständig daran denken. Gerne würde irgendwann mehr Zeit dort verbringen und ich erinnerte mich gerade heute an die Zeit, die ich vor sechs Jahren dort mit meiner Tochter sein durfte, im Künstlerzentrum Herekeke. Hier ein Photo von der Umgebung. Eine so leere, so wunderschöne Landschaft, da wird Abstand halten zur selbstverständlichsten Sache der Welt.
Sehnsucht nach New Mexico, Georgia O'Keeffe Land |
Die gute Nachricht für heute: In meinem Supermarkt in Treptow gab es zum ersten Mal seit ungefähr fünf Wochen Toilettenpapier, als ich dort war. Ich habe natürlich SOFORT ein Zehnerpack gekauft, obwohl ich noch fünf Rollen zuhause habe. Normalerweise warte ich damit, bis ich auf zwei Rollen runter bin. Aber ehrlich gesagt ist mir das im Moment zu heikel. Eine Nachricht im Sinne von: die Infiziertenzahlen steigen, die Ausgangssperre muss strenger gehandhabt werden und schwupps, gibt es wieder wochenlang kein Papier.
Dann bekam ich noch eine Nachricht von einer Freundin. Sie ist kurz vor der Ausgangssperre, als die Grenzen noch offen waren, nach Frankreich gefahren. Dort ist sie immer noch. In dem Haus einer Freundin, irgendwo in der totalen Einsamkeit und pflanzt Bäume auf deren Grundstück.
Das war eigentlich das Schönste, was ich heute gehört habe. Meine Freundin ist in Frankreich und pflanzt Bäume und lässt sich null stressen. Sie hat sowieso kaum Internet. Es geht ihr wunderbar und sie tut in diesem ganzen Wahnsinn sehr viel für unser Klima. Das hat mich glücklich gemacht.
Schlaft gut, bleibt gesund, haltet Abstand, ragazzi und companeras. 💚💚💚🌳🌳🌳
May the force be with you 💪
(c) Susanne Becker
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