Heute morgen Stimmung: "geschlafen, aufgewacht, geschlafen, aufgewacht, elendes Leben" Franz Kafka, Tagebücher, 19.6.1910
Dann aber recht schnell, vielleicht lags am Kaffee, eher so:
"Ich finde, dass wir viel zu zurückhaltend sind mit den Möglichkeiten, die wir haben, als Einzelpersonen." Katharina Grosse
Ich habe wieder eine Dokumentation auf Arte gesehen, wo diesmal Grosse eine Ausstellung mit Künstlerinnen kuratiert. Katharina Grosse kuratiert Ich finde sie ungeheuer inspirierend. Und über diesen Satz oben denke ich immer noch nach.
Ich weiß nicht, ob Ihr dieses Gefühl auch kennt, dass Ihr Euch zurück haltet, Euer Potenzial, Euer Licht unter den Scheffel stellt. Irgendwie reißt man sich immer zusammen. In vieler Hinsicht. Im Guten wie im Schlechten. Wer ist schon so toll, wie er sein kann? Und wenn man es nicht wagt, so toll zu sein, was sind die tief inneren Glaubenssätze, die womöglich noch aus der Kindheit stammen, und einen davon zurück halten?
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie meine Mutter oder auch andere Verwandte mich in meiner Kindheit oft zurück gepfiffen haben, weil ich zu auffällig war. Lehrer haben mich vor die Klasse geholt und dafür zur Schnecke gemacht, dass ich dachte, besser zu sein, als ich bin.
Vielleicht haben mich solche Erlebnisse dazu gebracht, meinen Töchtern immer, jeden Tag, klar zu machen, wie toll sie meiner Meinung nach sind. Egal, was sie tun. Es gibt keinen Menschen, der nicht in irgendetwas gut ist. Die meisten sind in sehr vielen Dingen sehr gut. Was für eine wunderbare Welt könnten wir haben, wenn alle Menschen den Mut und die Möglichkeit hätten, genau das zu tun, worin sie richtig gut sind, anstatt sich hinein pressen zu lassen in Rollen, die andere für einen auswählen. Ich habe das Gefühl, dass gerade jetzt, in unserer privilegierten Umgebung, viele Menschen irgendwie Raum und Zeit finden für das, was in ihrem Alltag, in dem sie normalerweise funktionieren, keinen Platz hat. Für solche Menschen ist das, was gerade geschieht, im Grunde ein Geschenk.
Die wichtigste Nachricht des Tages für mich: Ich habe auf dem Heimweg vom Büro Menschen gesehen, die an Eiskugeln lutschten und dann auch, mit Argusaugen, die Quelle dieser Eiskugeln: Die Eisdielen in meinem Kiez haben seit heute geöffnet. Ich meine, DAS sind die wirklich wichtigen Nachrichten. Alles andere kann mir mal den Buckel runter rutschen. Ich hatte leider kein Geld dabei. Aber morgen hole ich mir drei Kugeln, vielleicht sogar vier, mit Sahne, bei Vanille & Marille am Schlesi. Kommt da aber jetzt nicht alle hin, dann müssen wir mit dem vorgeschriebenen Abstand Schlange bis zum Sowjetischen Ehrenmal stehen. Da habe ich nicht so Lust drauf.
Ich hol mir Blaue Minze, Marille Lavendel, Blueberry Cheesecake und Caramel Beurre Sale. Es gibt natürlich noch viel mehr interessante Sorten. Die hole ich mir alle so peu à peu in den folgenden Tagen. Ich gebe mein ganzes Geld im April für Eis aus. Verreisen kann ich nicht. Klamotten kaufen geht auch nicht. Klopapier gibt keins mehr. Dann kaufe ich eben Eis. Ist mir wurscht.
Gestern die Schmetterlinge, heute die Eisdielen, und am 14. April lockert Österreich schon ein klitzekleines bisschen die strengen Bestimmungen. Tschechien und Dänemark folgen. Ich sehe eindeutig Licht am Ende des Tunnels.
Und ihr so?
Ich meine, fragt mal, wenn ihr jammern wollt, in Heinsberg nach. Die sitzen schon drei Wochen länger als wir im Lockdown. Und das nur wegen einer Karnevalssitzung.
Anderer Gedanke, der mir heute immer wieder kam: Wie schnell es plötzlich möglich ist, diese ganze Welt anzuhalten. Als es noch darum ging, ein paar winzige Veränderungen herbei zu führen, weil wir unseren Planeten gerade im wahrsten Wortsinne verpulvern und verschmutzen und ihm die Luft zum Atmen nehmen, also damals ging quasi gar nichts. Nicht die kleinste Veränderung schien möglich. Und plötzlich, zack: stehen alle (gut, fast alle) auf der Bremse und der Laden steht. Ermutigend daran finde ich, dass die Menschheit offensichtlich doch in der Lage ist, ziemlich allumfassende Änderungen in kürzester Zeit zu meistern. Ich wünsche mir, dass dieser Elan auch zum Einsatz käme, wenn es irgendwann wieder darum geht, das Klima zu retten. Denn: Trust me, there is no planet B.
Schlaft gut, bleibt gesund, ragazzi und companeros, und may the force be with you 💪
#tuttoandràbene
(c) Susanne Becker
Dann aber recht schnell, vielleicht lags am Kaffee, eher so:
"Ich finde, dass wir viel zu zurückhaltend sind mit den Möglichkeiten, die wir haben, als Einzelpersonen." Katharina Grosse
Ich habe wieder eine Dokumentation auf Arte gesehen, wo diesmal Grosse eine Ausstellung mit Künstlerinnen kuratiert. Katharina Grosse kuratiert Ich finde sie ungeheuer inspirierend. Und über diesen Satz oben denke ich immer noch nach.
Ich weiß nicht, ob Ihr dieses Gefühl auch kennt, dass Ihr Euch zurück haltet, Euer Potenzial, Euer Licht unter den Scheffel stellt. Irgendwie reißt man sich immer zusammen. In vieler Hinsicht. Im Guten wie im Schlechten. Wer ist schon so toll, wie er sein kann? Und wenn man es nicht wagt, so toll zu sein, was sind die tief inneren Glaubenssätze, die womöglich noch aus der Kindheit stammen, und einen davon zurück halten?
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie meine Mutter oder auch andere Verwandte mich in meiner Kindheit oft zurück gepfiffen haben, weil ich zu auffällig war. Lehrer haben mich vor die Klasse geholt und dafür zur Schnecke gemacht, dass ich dachte, besser zu sein, als ich bin.
Vielleicht haben mich solche Erlebnisse dazu gebracht, meinen Töchtern immer, jeden Tag, klar zu machen, wie toll sie meiner Meinung nach sind. Egal, was sie tun. Es gibt keinen Menschen, der nicht in irgendetwas gut ist. Die meisten sind in sehr vielen Dingen sehr gut. Was für eine wunderbare Welt könnten wir haben, wenn alle Menschen den Mut und die Möglichkeit hätten, genau das zu tun, worin sie richtig gut sind, anstatt sich hinein pressen zu lassen in Rollen, die andere für einen auswählen. Ich habe das Gefühl, dass gerade jetzt, in unserer privilegierten Umgebung, viele Menschen irgendwie Raum und Zeit finden für das, was in ihrem Alltag, in dem sie normalerweise funktionieren, keinen Platz hat. Für solche Menschen ist das, was gerade geschieht, im Grunde ein Geschenk.
Die wichtigste Nachricht des Tages für mich: Ich habe auf dem Heimweg vom Büro Menschen gesehen, die an Eiskugeln lutschten und dann auch, mit Argusaugen, die Quelle dieser Eiskugeln: Die Eisdielen in meinem Kiez haben seit heute geöffnet. Ich meine, DAS sind die wirklich wichtigen Nachrichten. Alles andere kann mir mal den Buckel runter rutschen. Ich hatte leider kein Geld dabei. Aber morgen hole ich mir drei Kugeln, vielleicht sogar vier, mit Sahne, bei Vanille & Marille am Schlesi. Kommt da aber jetzt nicht alle hin, dann müssen wir mit dem vorgeschriebenen Abstand Schlange bis zum Sowjetischen Ehrenmal stehen. Da habe ich nicht so Lust drauf.
Ich hol mir Blaue Minze, Marille Lavendel, Blueberry Cheesecake und Caramel Beurre Sale. Es gibt natürlich noch viel mehr interessante Sorten. Die hole ich mir alle so peu à peu in den folgenden Tagen. Ich gebe mein ganzes Geld im April für Eis aus. Verreisen kann ich nicht. Klamotten kaufen geht auch nicht. Klopapier gibt keins mehr. Dann kaufe ich eben Eis. Ist mir wurscht.
Gestern die Schmetterlinge, heute die Eisdielen, und am 14. April lockert Österreich schon ein klitzekleines bisschen die strengen Bestimmungen. Tschechien und Dänemark folgen. Ich sehe eindeutig Licht am Ende des Tunnels.
Und ihr so?
Ich meine, fragt mal, wenn ihr jammern wollt, in Heinsberg nach. Die sitzen schon drei Wochen länger als wir im Lockdown. Und das nur wegen einer Karnevalssitzung.
Anderer Gedanke, der mir heute immer wieder kam: Wie schnell es plötzlich möglich ist, diese ganze Welt anzuhalten. Als es noch darum ging, ein paar winzige Veränderungen herbei zu führen, weil wir unseren Planeten gerade im wahrsten Wortsinne verpulvern und verschmutzen und ihm die Luft zum Atmen nehmen, also damals ging quasi gar nichts. Nicht die kleinste Veränderung schien möglich. Und plötzlich, zack: stehen alle (gut, fast alle) auf der Bremse und der Laden steht. Ermutigend daran finde ich, dass die Menschheit offensichtlich doch in der Lage ist, ziemlich allumfassende Änderungen in kürzester Zeit zu meistern. Ich wünsche mir, dass dieser Elan auch zum Einsatz käme, wenn es irgendwann wieder darum geht, das Klima zu retten. Denn: Trust me, there is no planet B.
das nächste Mal vielleicht eine Vollbremsung fürs Klima? |
Schlaft gut, bleibt gesund, ragazzi und companeros, und may the force be with you 💪
#tuttoandràbene
(c) Susanne Becker
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