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Es werden Posts vom April, 2017 angezeigt.

Jenny Erpenbeck - Gehen Ging Gegangen

"Oft war es so, dass er am Beginn eines Projektes nicht wusste, was ihn vorantrieb, so als hätten seine Gedanken ein von ihm unabhängiges Leben und ihren eigenen Willen und warteten nur darauf, von ihm endlich gedacht zu werden, als existiere eine Untersuchung, die er erst anstellen würde, bereits, bevor er sie machte, und als sei auch der Weg quer durch das, was er wusste, sah, was ihm begegnete oder zustieß, in Wahrheit immer schon da, um von ihm, war er nur endlich so weit, begangen zu werden. ... Über das sprechen, was Zeit eigentlich ist, kann er wahrscheinlich am besten mit denen, die aus ihr hinausgefallen sind." Der emeritierte Professor der Humboldt Universität, Richard, Fachgebiet Alte Sprachen, aber auch Philosophie, lebt allein in einem Haus an einem See, irgendwo im früheren Ostteil der Stadt Berlin. Ich stelle mir vor, Richtung Müggelsee. Sein Leben lang hat er sich mit philosophischen Fragen beschäftigt und in seinem Kopf über Sinn und Zweck der menschlichen

Juli Zeh - Die Stille ist ein Geräusch. Eine Fahrt durch Bosnien

„Seit Tagen gelingt es mir nicht mehr, das Böse als Ausnahme von der Regel des Guten zu begreifen.“ Die Stille ist ein Geräusch ist ein Reisebericht über eine Reise durch Bosnien. Er ist geschrieben von einer Frau, Juli Zeh , die sehr gut schreiben kann, mutig ist und in dieses vom Krieg zerstörte und tief verwundete Land reist, ohne eine Meinung zu haben, ohne sich ein Wissen einzubilden, das ja nur aus zweiter Hand stammen würde. Sie fährt mit einem Hund und mit vielen offenen Fragen. Zum Beispiel: Wo wachsen die Melonen? Es ist Sommer, das Jahr 2001, Juli Zeh will mit ihrem Hund nach Bosnien, und dafür informiert sie sich zunächst an einer Stelle, an der viele Reisen beginnen.  „Die Frau im Reisebüro….“Was wollen Sie dort? Da ist doch Krieg!“ Gewesen! Ich verzichte auf Richtigstellung….“ Sie sagt, dass sie dort recherchieren möchte und so gelingt ihr eine Buchung. Touristenführer gibt es für das Land nur noch aus den 80er Jahren, mit Bildern von Dingen, die vielleicht nich

Buch der Woche - Von Beruf Schriftsteller von Haruki Murakami

Heute im Garten Haruki Murakami gelesen, Von Beruf Schriftsteller . In dem Buch traf mich eine Erkenntnis, die mich aufrüttelte in Bezug auf die Frage, was bei meinem eigenen Schreiben immer noch ein großer Schwachpunkt ist. Wir können das Ganze auch gleich flächendeckend anwenden: was in meinem eigenen Leben ein Schwachpunkt ist. Leben und Schreiben sind ja eins. Auch das fand ich in diesem wunderbaren Buch vom Schreiben Seite um Seite bestätigt. Schreibender sein ist wie Mensch sein, atmen, es ist kein Beruf, den man jemals ablegt, sondern eher eine ganz eigene Weise der Existenz. Zurück zur Schwachstelle: Es ist meine allzu schnelle, oft mit Überheblichkeit gepaarte Eigenschaft, auch Bereitschaft, beständig Schlüsse zu ziehen. „Es gibt Charaktere, die ihre Mitmenschen und das, was um sie herum geschieht, rasch und entschieden analysieren und so in kürzester Zeit zu eindeutigen Schlussfolgerungen … gelangen. Allerdings haben solche Menschen keine besondere Veranlagung zur

Osterkoans 1996

Gerade lese ich meine alten Tagebücher, Stück für Stück, was zum größten Teil eine extrem gute Übung in Demut ist. Danach vernichte ich sie. Stück für Stück, was vor allen Dingen eine extrem gute Übung im Ballast abwerfen ist. Wenn man bedenkt, dass ich Tagebuch schreibe, seitdem ich 12 Jahre alt bin und mittlerweile in Band Nr. 176 schreibe, kann man sich die Menge an Kisten vorstellen, mit denen ich diese Journale durch mein Leben schleife, oder auch einfach unsere Wohnung voll stopfe. Bislang habe ich die gelesenen und nach noch Verwertbarem durchforsteten Bände (+ hallo, war die Menge an Verwertbarem beschämend gering!!) ins Altpapier gegeben, nur in New Mexico habe ich sie verbrannt. Dieses Jahr möchte ich die Bücher, die ich gelesen habe, aber alle verbrennen, im Garten. Das scheint mir symbolisch. Feuer  machen. Meine Vergangenheit dem Feuer übergeben, um Platz für die Zukunft und etwas Neues zu machen. Es gibt allerdings Momente des Lesens, in denen könnte ich auch leicht grö