15. März
Heute wieder im Wald gewesen. Zwei
Stunden. Überall am Boden Bärlauch. Ich wünschte, ich könnte hier diesen
würzigen Geruch widergeben. Die Farbe: grün. Also GRÜN. Nach dem Winter, der
wegen Corona im Grunde nicht zuende ist, also gefühlsmäßig, ist dieses Grün ein
ziemlicher Hammer. Genau wie das Blau des Himmels. Obwohl so viel Unsicherheit, soviel Ängste in der Luft sind, haben mich diese Farben glücklich gemacht.
Bärlauch Plantage, Plänterwald |
Es waren sehr viele Menschen im
Wald. So als ob alle nochmal raus wollen, bevor auch das, siehe Spanien und
Italien, womöglich bald verboten ist. Eine Instagrambekannte von mir nannte es: Hamsterspaziergänge.
Die meisten Besucher im Wald taten
eines von drei Dingen. 1. Sie erklärten am Telefon jemandem, was genau es
mit dem Coronavirus auf sich hat. Meine Erkenntnis: Ein großer Teil der deutschen
Spezialisten zu dem Thema läuft unter Umständen am Sonntag im Plänterwald
in Treptow herum. 2. Bärlauch ernten.
Das fand ich sehr inspirierend. Ich werde die Tage mit einer Tasche bewaffnet
zurückkehren. Dann kann ich Bärlauchpesto machen. Oder so. 3. Verzweifelt durch
die Büsche und das Unterholz laufen in der Hoffnung, irgendwo doch mal allein
sein zu können. Zu dieser dritten Gruppe gehörte ich und ich fand irgendwann
einen bemoosten Baumstamm. Ich setzte mich darauf in die Sonne. Ab und an
gingen Menschen an mir vorbei. Aber im Großen und Ganzen war ich ungestört und hatte meine Kopfhörer dabei.
Normalerweise höre ich im Wald nie irgendwas, weil ich schließlich die
Waldgeräusche hören möchte. Aber diesmal wollte ich irgendwo in der
Sonne und in Ruhe endlich einen der Podcasts von dem Virologen aus der Charité hören, Prof.Dr. Christian Drosten hören. Das ist mir gelungen. Fazit: Ich würde ihn in meiner beschränkten Ahnung der Dinge
empfehlen. Aber vermutlich kennt Ihr ihn längst.
Ansonsten: keine Vorkommnisse.
Keine Einschläge in der Nähe. Man hört von Freunden, die irgendwo noch auf
Reisen sind, dass sie gerade versuchen, so schnell wie möglich in ihre
jeweilige Heimat zu kommen, um nicht unter Umständen monatelang irgendwo
festzusitzen. Ein Kollege von mir hat es gerade noch geschafft, gestern aus der
Türkei raus zu kommen. Deutschland macht jetzt auch die Grenzen dicht. Freunde von mir aus Österreich bringen gerade die Tochter unserer Freunde aus München an die Grenze, damit sie noch raus kann.
Man merkt, dass die Leute Angst
haben. Manche geben ihre Angst zu. Die Angst ist momentan das, womit die
Menschen versuchen klar zu kommen und was ihnen die Perspektive auf die
Situation diktiert. Also der Umgang mit der Angst ist im Grunde der Zustand, in dem die Menschen sind. Wie sie damit umgehen, diktiert die Tage. Manche driften in etwas panisches ab, andere in
Verleugnung. Ich muss an die Worte meines Lieblingskollegen denken, der
irgendwann in einem vollkommen anderen Zusammenhang sagte: Denial is not a
river in Egypt.
Gott sei Dank scheinen mir die meisten einfach in der Mitte zu paddeln. Vernünftig und cool. Im Wald lächelte man sich an. Eltern spielten mit ihren Kindern. Und ich überlege, mir einen Hund zuzulegen. Wo ich jetzt so oft im Wald bin, würde das Sinn machen.
Wie aus heiterem Himmel fand ich
gestern dieses Zitat eines amerikanischen Ureinwohners und es hilft mir sehr,
mit der Situation umzugehen.
Wenn you are in doubt, be still and
wait;
when doubt no longer exists for you
then go forward with courage.
So long as mists enevelope us, be
still;
be still until the sunlight pours
through
and dispels the mists – as it
surely will.
Ponca Chief, White Eagle
In diesem Sinne #flattenthecurve
#tuttoandràbene und geht nicht weiter in Clubs oder auf Parties. Ein Sechstel
der in Berlin Infizierten war vorher in einem Club. Bleibt gesund!
(c) Susanne Becker
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