- As Consciousness is Harnessed by Flesh von Susan Sontag, ihre Tagebücher von 1964 bis 1980. Ich habe bereits begonnen, ein wenig darin zu lesen. Zwei Dinge geschehen, während ich lese: oft verstehe ich seitenlang nicht, wovon sie spricht. Meine Kenntnisse von Autoren, Philosophen, Filme etc. reichen nicht aus, um ihren Ausführungen zu folgen. Alleine die Lektüre dieses einen Tagebuchs könnte bei mir die Anschaffung eines Bücherberges auslösen, um mir ihr Wissen anzueignen, ich würde zig Filme sehen müssen, von denen ich noch nicht einmal gehört habe. Ich erinnere mich an meine Studienzeit, wo ich für derartige Lese- und Studienexzesse ja noch wirklich Zeit hatte und wo mich die Lektüre eines solchen Buches für Tage in der Bibliothek verschwinden ließ, aus der ich dann mit bergeweise Büchern zurück kehrte. Das zweite, was geschieht ist, dass ich die Weite ihres Horizonts so deutlich spüre, selbst in den Ausführungen, denen ich inhaltlich nicht folgen kann, spüre ich doch die unglaubliche Weite im Raum, in dem auch ich mich ganz frei bewegen kann. Insofern lerne ich bei jeder Seite Neues und nehme meine Freiheit wahr, in der ich mich unglaublich inspiriert fühle. Von daher genieße ich die Lektüre unglaublich. Sie regt mich auf jeder Seite an.
- Olive Kitteridge von Elizabeth Strout. Ich habe das Buch schon einmal vor etwa zwei Jahren gelesen. Es hat mich damals sofort begeistert. Durch Zufall erfuhr ich dann, ich glaube, es war sogar über Facebook, durch irgendeine amerikanische Freundin dort, dass HBO eine Miniserie mit gleichem Namen produzierte, und zwar mit der göttlichen Frances McDormand in der Titelrolle. Wenn irgendjemand eine perfekte Olive Kitteridge ist, dann sie. Das Buch besteht aus dreizehn einzelnen Geschichten, die alle auch für sich stehen könnten. Zusammen ergeben sie den Roman, der den Pulitzer Preis 2009 gewonnen hat. Die Charaktere sind einprägsam, liebenswert, düster und kommen einem an manchen Stellen so nah, dass man sie küssen oder schlagen möchte. Also alles wie im richtigen Leben. Ich schaue gerade die HBO Serie und sie ist so gut, so unglaublich gut, wirklich genau so gut, wie ich das Buch erinnere, so dass ich das Buch aus dem Regal geholt und wieder in meinen SUB eingereiht habe.
- Ein Stammbaum von Patrick Modiano. Weihnachtsgeschenk eines Kollegen. Wollte natürlich sowieso etwas von ihm lesen. Er hat den Nobelpreis für Literatur 2014 gewonnen und ich kannte den Mann noch nicht mal! Schande! Man hört nur, wirklich ausschließlich nur, Begeistertes über ihn. Egal, in welchen Blog man schaut. Ein Stammbaum ist ein autobiographisches Buch über Modianos Kindheit, über seine unglückliche Kindheit. Ich glaube, dieses Buch ist ein guter Einstieg in sein Werk. Ich gehe davon aus, dass ich danach mehr von ihm lesen werde. Gräser der Nacht interessiert mich beispielsweise.
- Verdächtige Geliebte von Keigo Higashino ist ein Weihnachtsgeschenk meiner Schwägerin. Ein japanischer Krimi, in dem die Mörderin von Anfang an fest steht. Aber ihr in sie verliebter genialer Nachbar bietet ihr ein Alibi. Ein ebenso genialer Gegenspieler auf Seiten der Polizei nimmt die "Verfolgung" auf. Ein bisschen rechne ich mit einem Duell wie bei dem Film Heat, in dem de Niro und Pacino umeinander herum schlichen. Geniale Gegner, die sich ein Duell liefern, auf hohem Niveau, das interessiert mich thematisch schon. Normalerweise lese ich sehr selten Krimis. Bislang habe ich eigentlich nur die Mankells gelesen und die Scarpetta Bücher von Patricia Cornwell, hauptsächlich weil sie in Richmond Virginia spielen, einem meiner Lieblingsorte, seitdem ich dort selbst einmal gelebt habe. Bei beiden Gelegenheiten konnte ich feststellen, dass ich die Lektüre von Krimis, sofern sie einigermaßen intelligent gemacht sind, durchaus genießen kann. Ich freue mich deshalb auf das Buch von Higashino.
- Die juristische Unschärfe einer Ehe von Olga Grjasnowa ist ein Weihnachtsgeschenk meines Mannes. Ich habe es mir gewünscht. In den letzten Monaten tauchte es ständig in den Blogs und Feuiletons auf und hat meine Neugier sehr angeregt. Ich mag den Titel, das Titelbild, die Handlung, sofern ich davon weiß: Dreiecksgeschichte zwischen Berlin und Baku. Zwei Frauen und ein Mann, die von Liebe träumen aber nicht wissen, wie man sie lebt. Ich mag das Zitat auf der Rückseite des Buches: "Man braucht nicht auf die Midlife-Crisis zu warten, man kann sein Leben auch schon mit Mitte Zwanzig wunderbar gegen die Wand fahren." Freue mich sehr auf die Lektüre!
- A Meaningful Life von L.J.Davis ist das Geburtstagsgeschenk einer alten Freundin aus München. Es handelt von einem Mann, der eigentlich nach New York kommt, um zu schreiben, bei einem Verlag landet, dann in Brooklyn ein Haus kauft und so besessen davon ist, es zu renovieren, dass er sogar seinen Job dafür aufgibt.Er will seinen Traum verwirklichen und Wiedergutmachung für alles, was das Leben bislang an ihm versäumt hat. Eine schwarze Komödie. Der Roman stammt aus dem Jahre 1971. Die aktuelle Ausgabe ist versehen mit einem Vorwort von Jonathan Lethem. Achtung: Hinweis auf Qualität, meiner Meinung nach! Das Buch ist meines Wissens bislang nie auf Deutsch erschienen.
- Runaway von Literaturnobelpreisträgerin Alice Munro! Ich habe schon einmal hier erwähnt, dass ich geradezu süchtig bin nach den Geschichten von Alice Munro, die so wunderbar erzählt sind, dass man das Gefühl hat, sie wären einem selbst zugestoßen. Alles in ihnen ist immer so real, so wahr, so tröstlich, selbst in der Unerfülltheit oder Enttäuschung. Die Geschichten in Runaway, das auf Deutsch unter dem Titel Tricks bei Fischer erschienen ist, handeln von Frauen und der Liebe mit ihren Überraschungen und Betrügereien. Klingt extrem viel versprechend.
- Frösche von Mo Yan. Noch ein Literaturnobelpreisträger (2012), den ich vorher nicht kannte. Ich kann mich nur an eine Karikatur erinnern, auf dem sein Name als Yo Man englisch ausgesprochen wurde, so als coole Begrüßung im Sinne von Hi Mann! Die Karikatur war eine Anspielung darauf, dass kaum jemand Mo Yan kannte hierzulande. Ich stolperte über dieses Buch, Frösche, irgendwann im letzten Herbst. Immer schon hat mich die Frage beschäftigt, was es bedeutet für Frauen, wenn ihnen von ihrer Regierung vorgeschrieben wird, dass sie nur ein Kind bekommen dürfen. Wenn alle anderen Kinder, die man eventuell empfängt, umgebracht werden. Ich bin absolut keine Gegnerin von Abtreibung. Ich bin eine Befürworterin der Freiheit. Ich finde die Vorstellung, meine Regierung hätte mir verboten, Lilly zu bekommen, meine zweite Tochter, so derart unvorstellbar. Es verschlägt mir den Atem. Und mein Herz öffnet sich für all diese chinesischen Frauen, die so viele ihrer Kinder verloren haben und verlieren. In Mo Yans Roman steht eine parteitreue Hebamme im Mittelpunkt, die Abtreibungen und Zwangssterilisationen verantwortet. Auch das ein Thema des Romans: wie ein im Grunde das Leben bejahender Beruf zu einem tödlichen Beruf werden kann. Ich kann es kaum erwarten, diesen Roman zu lesen.
- Wir haben Raketen geangelt von Karen Köhler. Lustigerweise wollte ich dieses Buch eigentlich gar nicht lesen. Keine Ahnung. Jeder schwärmte davon. Als gäbe es eine Verschwörung aller Blogger und Literaturkritiker, dass sie, die zum Bachmannpreis nicht kommen konnte, weil sie die Windpocken bekam, diesen natürlich gewonnen hätte und überhaupt das beste Buch der Saison geschrieben hat. Ich kann da manchmal auf Durchzug schalten. Allerdings traf ich dann eine von mir hoch geschätzte Buchhändlerin (nein, nicht eine meiner Lieblingsbuchhändlerinnen, sondern eine ehemalige Mitarbeiterin von ihnen, die mittlerweile selbst einen sehr schönen Buchladen in Neukölln betreibt Die gute Seite) und die erzählte mir, dass sie Karen Köhler einfach eine Mail geschrieben hätte und diese doch nun tatsächlich bei ihnen gelesen hätte. Sie wäre einfach toll gewesen, als Person und überhaupt hätte sie den Laden gerockt. Ich merkte da schon, dass ich die Lesung ungern verpasst hatte. Dass ich eigentlich jetzt doch auch mal in dem Buch blättern wollte. Und das hat Gott sei Dank meine Freundin-Kollegin wortlos geschnallt und es mir zum Geburtstag geschenkt. "Obwohl du es ja eigentlich nicht lesen wolltest. Aber ich dachte, vielleicht hast Du Deine Meinung geändert."
Ich finde alle diese Bücher so unglaublich spannend, dass ich im Grunde gar nicht weiß, in welcher Reihenfolge ich sie lesen soll. Am liebsten alle gleichzeitig.
© Susanne Becker
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