may my heart always be open to little
birds who are the secrets of living
whatever they sing is better than to know
and if men should not hear them men are old
may my mind stroll about hungry
and fearless and thirsty and supple
and even if it's sunday may i be wrong
for whenever men are right they are not young
aus einem Gedicht von e.e.cummings
Wieder hörte ich die Vögel heute morgen und er hat recht: sie sind die Geheimnisse des Lebens. Was immer sie singen, ist besser als was die Menschen wissen oder glauben, zu wissen und Menschen, die sie nicht hören (sondern nur sich und ihre eigenen Meinungen) sind alt.
Ich möchte in meinem Denken hungrig sein, angstlos, durstig und geschmeidig, und selbst am Sonntag möchte ich mich auch mal täuschen, denn wenn die Menschen recht haben, sind sie in der Regel nicht mehr jung.
Die taz schrieb heute über Das Ende der Solidarität, und da der Text viele meiner eigenen Gedanken wieder gibt, teile ich ihn hier
Anregung. Zum Denken. Ich weiß, wir wissen langsam alle nicht mehr, was stimmt und was nicht. Aber vielleicht muss man es gar nicht wissen. Vielleicht macht es einen vor der Zeit alt, wenn man immer glaubt, die Wahrheit zu wissen oder auch nur wissen zu müssen. Loslassen. Im Moment rum hängen und sehen, wie er so ist.
Gestern am Abend waren hier in Kreuzberg tausend Menschen auf der Straße, um zu demonstrieren, also um im Moment rumzuhängen. Sie trugen zu großen Teilen keinen Mundschutz und spielten Katz und Maus mit der Polizei. Ein paar Autos wurden auch verbrannt.
Es kam mir plötzlich vor, als wäre die Coronazeit vorüber. Aber nicht wirklich, sondern nur, weil die Menschen es beschlossen haben. Dass sie es beschlossen haben, basiert weniger auf Wissen, als vielmehr auf Launen.
Meine Freundin aus Amerika kommentierte: Ich werde traurig, denn bei Euch lockert sich alles, hier ist die Unsicherheit weiter so groß.
Ich wollte antworten: Aber hier ist die Unsicherheit auch weiterhin genau so groß. Vielleicht haben nur viele beschlossen, darüber hinweg zu gehen, weil ihnen die Geduld ausgegangen ist. Oder keine Ahnung. Ich weiß es ja auch nicht.
Allerdings finde ich Headlines wie: "Wird Kreuzberg das neue Ischgl?" vollkommen unangebracht. Das ist Meinungsmache, eine sensationslüsterne Attitüde. Damit wird bewusst eine Stimmung von Hysterie und Panik kreiert. Als würden sich die Leute, die gestern auf der Oranienstraße waren, um zu demonstrieren, jetzt alle automatisch mit Corona anstecken.
Aber dennoch, schon gestern, als ich durch die Straßen lief und all die einzelnen Gruppen sah, die sich verhielten, als hätte es Corona nie gegeben, als wären die Maßnahmen gegen Corona irgendwie ein Irrtum gewesen, im Grunde sinnlos, da beschlich mich ein ungutes Gefühl.
Die, die denken, dass sie nicht krank werden können, lassen es sich gut gehen.
Die, die Angst haben, trauen sich vermutlich nicht aus dem Haus.
In Spanien dürfen die Menschen ab heute eine Stunde raus, aber in klar eingegrenzten Zeitfenstern. Die jüngeren nur morgens früh und abends spät, die älteren dazwischen. Ich sah Videos und Posts von Bekannten und Freunden und was mich dabei am meisten berührte, war die Wertschätzung. Sie fehlt mir hier, immer wieder. Die Wertschätzung dafür, wie gut wir in Deutschland bislang diese Krise gemeistert haben, wie wenig Tote es gab im Vergleich, dass die Vorbereitungen so gut waren, dass wir nicht einen Moment in Gefahr waren, wie Madrid, wie Bergamo, wie New York, wie Wuhan zu werden. Aber plötzlich ist so eine Stimmung in der Luft, als hätte es hier sowieso niemals schlimm werden können. Als wären die ganzen Vorbereitungen und Maßnahmen vollkommen überflüssig gewesen.
Die Wirtschaft macht Druck, damit endlich der Lockdown ganz beendet wird. Die Wirtschaft. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt oder gar vermutete, diese Coronakrise würde die Menschen dazu bringen, solidarisch, nett und auch achtsam, zum Beispiel unserem Planeten gegenüber zu werden. So eine Art läuternde Katharsis. Für manche Länder war es das vielleicht, für uns eher nicht. Bei einzelnen mag es auch hier zutreffen, aber schon jetzt ist klar, dass die Spaltung zwischen verschiedenen Fraktionen sich eher vergrößert hat. Es gibt diejenigen, die diese Maßnahmen sinnvoll finden und aus Solidarität mit machen und diejenigen, für die Corona keine große Gefahr ist und die Maßnahmen willkürlich waren. Dazwischen gibt es einen Abgrund. Heute las ich, dass Corona die USA noch mehr gespalten habe und dass Trump diese Spaltung für sich nutzen könne. Weil natürlich solche Menschen wie Trump immer vom Unfrieden sich geradezu ernähren. Das ist ja hier nicht anders. Corona hat meinem Empfinden nach nicht nur die USA tiefer gespalten, sondern generell in der Welt die Trennungen vertieft. Zwischen Arm und Reich, zwischen Krank und Gesund, zwischen Jung und Alt, zwischen Risikogruppe und Nichtrisikogruppe. Es ließen sich vermutlich noch viele weitere Spaltungen aufzählen. Und wir sehen schon jetzt und werden es vermutlich noch intensiver erleben, wer sich von diesem Unfrieden wie von einem Festmahl ernährt.
In Südafrika gibt es kilometerlange Warteschlangen für Lebensmittelausgabe, denn viele Menschen haben durch Corona ihre Arbeit verloren. Also, die sinds eher nicht.
Seit zwei Tagen gibt es die Fluggesellschaft South African Airways nicht mehr. Die also auch nicht.
Als ich gestern Abend durch Kreuzberg lief, fühlte ich mich fremd.
Ich kann hier schon länger nicht mehr erwähnen, was ich lese, weil ich jeden Tag ein neues Buch beginne und es dann aber nicht schaffe, darin weiter zu lesen. Auf meinem Nachttisch stapeln sich mittlerweile sieben angefangene Bücher, die auch alle ziemlich gut sind, aber mich gerade überhaupt nicht locken. Keine Ahnung, warum.
Heute morgen griff ich nun zu Buch Nummer 8, Wölfe von Hilary Mantel, und ich habe das Gefühl, das könnte es nun sein. Eigentlich rief es mir schon seit Wochen zu, dass ich es jetzt mal lesen solle. Aber warum auch immer, ich ignorierte es. Vielleicht, weil es so dick ist? Schon die erste Seite packt einen so, dass man im Grunde immer weiter lesen möchte. Wie gut, dass es regnet.
Deshalb zum Abschluss noch ein Yoga Video von Adrienne: Yoga for a rainy day. Viel Spaß.
Ich wünsche Euch noch einen schönen Abend, einen wunderbaren Sonntag, gute Lektüre, gute Laune und natürlich vor allem Gesundheit. May the force be with you 💪
(c) Susanne Becker
birds who are the secrets of living
whatever they sing is better than to know
and if men should not hear them men are old
may my mind stroll about hungry
and fearless and thirsty and supple
and even if it's sunday may i be wrong
for whenever men are right they are not young
aus einem Gedicht von e.e.cummings
Wieder hörte ich die Vögel heute morgen und er hat recht: sie sind die Geheimnisse des Lebens. Was immer sie singen, ist besser als was die Menschen wissen oder glauben, zu wissen und Menschen, die sie nicht hören (sondern nur sich und ihre eigenen Meinungen) sind alt.
Ich möchte in meinem Denken hungrig sein, angstlos, durstig und geschmeidig, und selbst am Sonntag möchte ich mich auch mal täuschen, denn wenn die Menschen recht haben, sind sie in der Regel nicht mehr jung.
Die taz schrieb heute über Das Ende der Solidarität, und da der Text viele meiner eigenen Gedanken wieder gibt, teile ich ihn hier
Anregung. Zum Denken. Ich weiß, wir wissen langsam alle nicht mehr, was stimmt und was nicht. Aber vielleicht muss man es gar nicht wissen. Vielleicht macht es einen vor der Zeit alt, wenn man immer glaubt, die Wahrheit zu wissen oder auch nur wissen zu müssen. Loslassen. Im Moment rum hängen und sehen, wie er so ist.
Gestern am Abend waren hier in Kreuzberg tausend Menschen auf der Straße, um zu demonstrieren, also um im Moment rumzuhängen. Sie trugen zu großen Teilen keinen Mundschutz und spielten Katz und Maus mit der Polizei. Ein paar Autos wurden auch verbrannt.
Es kam mir plötzlich vor, als wäre die Coronazeit vorüber. Aber nicht wirklich, sondern nur, weil die Menschen es beschlossen haben. Dass sie es beschlossen haben, basiert weniger auf Wissen, als vielmehr auf Launen.
Meine Freundin aus Amerika kommentierte: Ich werde traurig, denn bei Euch lockert sich alles, hier ist die Unsicherheit weiter so groß.
Ich wollte antworten: Aber hier ist die Unsicherheit auch weiterhin genau so groß. Vielleicht haben nur viele beschlossen, darüber hinweg zu gehen, weil ihnen die Geduld ausgegangen ist. Oder keine Ahnung. Ich weiß es ja auch nicht.
Allerdings finde ich Headlines wie: "Wird Kreuzberg das neue Ischgl?" vollkommen unangebracht. Das ist Meinungsmache, eine sensationslüsterne Attitüde. Damit wird bewusst eine Stimmung von Hysterie und Panik kreiert. Als würden sich die Leute, die gestern auf der Oranienstraße waren, um zu demonstrieren, jetzt alle automatisch mit Corona anstecken.
Aber dennoch, schon gestern, als ich durch die Straßen lief und all die einzelnen Gruppen sah, die sich verhielten, als hätte es Corona nie gegeben, als wären die Maßnahmen gegen Corona irgendwie ein Irrtum gewesen, im Grunde sinnlos, da beschlich mich ein ungutes Gefühl.
Die, die denken, dass sie nicht krank werden können, lassen es sich gut gehen.
Die, die Angst haben, trauen sich vermutlich nicht aus dem Haus.
In Spanien dürfen die Menschen ab heute eine Stunde raus, aber in klar eingegrenzten Zeitfenstern. Die jüngeren nur morgens früh und abends spät, die älteren dazwischen. Ich sah Videos und Posts von Bekannten und Freunden und was mich dabei am meisten berührte, war die Wertschätzung. Sie fehlt mir hier, immer wieder. Die Wertschätzung dafür, wie gut wir in Deutschland bislang diese Krise gemeistert haben, wie wenig Tote es gab im Vergleich, dass die Vorbereitungen so gut waren, dass wir nicht einen Moment in Gefahr waren, wie Madrid, wie Bergamo, wie New York, wie Wuhan zu werden. Aber plötzlich ist so eine Stimmung in der Luft, als hätte es hier sowieso niemals schlimm werden können. Als wären die ganzen Vorbereitungen und Maßnahmen vollkommen überflüssig gewesen.
Die Wirtschaft macht Druck, damit endlich der Lockdown ganz beendet wird. Die Wirtschaft. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt oder gar vermutete, diese Coronakrise würde die Menschen dazu bringen, solidarisch, nett und auch achtsam, zum Beispiel unserem Planeten gegenüber zu werden. So eine Art läuternde Katharsis. Für manche Länder war es das vielleicht, für uns eher nicht. Bei einzelnen mag es auch hier zutreffen, aber schon jetzt ist klar, dass die Spaltung zwischen verschiedenen Fraktionen sich eher vergrößert hat. Es gibt diejenigen, die diese Maßnahmen sinnvoll finden und aus Solidarität mit machen und diejenigen, für die Corona keine große Gefahr ist und die Maßnahmen willkürlich waren. Dazwischen gibt es einen Abgrund. Heute las ich, dass Corona die USA noch mehr gespalten habe und dass Trump diese Spaltung für sich nutzen könne. Weil natürlich solche Menschen wie Trump immer vom Unfrieden sich geradezu ernähren. Das ist ja hier nicht anders. Corona hat meinem Empfinden nach nicht nur die USA tiefer gespalten, sondern generell in der Welt die Trennungen vertieft. Zwischen Arm und Reich, zwischen Krank und Gesund, zwischen Jung und Alt, zwischen Risikogruppe und Nichtrisikogruppe. Es ließen sich vermutlich noch viele weitere Spaltungen aufzählen. Und wir sehen schon jetzt und werden es vermutlich noch intensiver erleben, wer sich von diesem Unfrieden wie von einem Festmahl ernährt.
In Südafrika gibt es kilometerlange Warteschlangen für Lebensmittelausgabe, denn viele Menschen haben durch Corona ihre Arbeit verloren. Also, die sinds eher nicht.
Seit zwei Tagen gibt es die Fluggesellschaft South African Airways nicht mehr. Die also auch nicht.
Als ich gestern Abend durch Kreuzberg lief, fühlte ich mich fremd.
Ich kann hier schon länger nicht mehr erwähnen, was ich lese, weil ich jeden Tag ein neues Buch beginne und es dann aber nicht schaffe, darin weiter zu lesen. Auf meinem Nachttisch stapeln sich mittlerweile sieben angefangene Bücher, die auch alle ziemlich gut sind, aber mich gerade überhaupt nicht locken. Keine Ahnung, warum.
Heute morgen griff ich nun zu Buch Nummer 8, Wölfe von Hilary Mantel, und ich habe das Gefühl, das könnte es nun sein. Eigentlich rief es mir schon seit Wochen zu, dass ich es jetzt mal lesen solle. Aber warum auch immer, ich ignorierte es. Vielleicht, weil es so dick ist? Schon die erste Seite packt einen so, dass man im Grunde immer weiter lesen möchte. Wie gut, dass es regnet.
Deshalb zum Abschluss noch ein Yoga Video von Adrienne: Yoga for a rainy day. Viel Spaß.
Ich wünsche Euch noch einen schönen Abend, einen wunderbaren Sonntag, gute Lektüre, gute Laune und natürlich vor allem Gesundheit. May the force be with you 💪
(c) Susanne Becker
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