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Es werden Posts vom 2017 angezeigt.

My List of Favourites 2017

Am Ende eines jeden Jahres stelle ich eine Liste zusammen mit den Filmen, Büchern, Musikstücken, Orten, die mir in dem Jahr am meisten Freude gemacht haben, an denen oder mit denen ich "random acts of closeness" erleben durfte. Heute, bei einem Spaziergang durch die Stadt wurde mir klar, dass ich diese Dinge auch deshalb auswähle (oder sie mich), weil ich an ihnen oder mit ihnen einen Zustand innerer Stille erfahren durfte, das Gefühl, mich in einem unendlichen inneren Raum zu bewegen, der meine Kreativität und mein Glück nährt. Somit hat mich jede einzelne dieser Begegnungen weiter gebracht auf meinem Weg. Wenn ich einen Vorsatz für 2018 haben würde, und wahrscheinlich habe ich ihn in diesem Moment, in dem ich ihn hier aufschreibe, gerade öffentlich getroffen, dann wäre es dieser: so viel Stille wie möglich in mein Leben bringen, durch gute Freunde und neue Menschen, gute Bücher, gute Filme, gute Musik, Yoga, Meditation, das Verweilen an Orten, die die Stille in mir befruch

Buch der Woche - Stille von Erling Kagge

„Gute Dichter erinnern mich an große Entdecker. Indem sie die richtigen Worte wählen, setzen sie Gedanken in meinem Kopf in Gang, ein bisschen wie die Berichte der Entdecker, die ich als kleiner Junge las.“ In seinem kleinen, feinen Buch „Stille. Ein Wegweiser.“ tut Erling Kagge für die Leserin genau dies: er wählt Worte, aber auch stille Momente, und setzt damit die Gedanken in Gang, die immer um die gleichen Fragen kreisen, jene, die Kagge zu Beginn seines Buches stellt und die er versucht, zu beantworten: „Was ist Stille? Wo ist sie? Warum ist sie heute wichtiger denn je?“ In dreiunddreissig Abschnitten forscht Kagge, mit einem denkbar offenen Geist, der Stille hinterher. Dazu nimmt er sowohl seine eigenen Erinnerungen zur Hilfe, als auch den Austausch mit Zeitgenossen wie dem norwegischen Dichter Jon Fosse oder der Performancekünstlerin Marina Abramovic. Ich schätze Marina Abramovic sehr, wie man hier und hier auf meinem Blog nachlesen kann. Daher verwunderte es mich

poem for the time passing

A moment, when everything was still in front of me. Not a matter of words. Breathing. Everything still seemed probable. The turn of direction went unnoticed – at first. Maybe water, plenty of it. Drink water, also swim – a lot. I never said goodbye. Then of course silence. More than not. I never said goodbye to the moment, when I thought, everything would be different. Trees. Not underestimate the power of trees. The moment, when I thought, & one word nourished another, & I became a warrior, in total silence. (c) Susanne Becker

Buch der Woche - Nachtlichter von Amy Liptrot

„Eine kleine Insel für sich allein zu haben, gibt einem das seltsame Gefühl, frei und gefangen zugleich zu sein. Ich pinkle am Rand einer Klippe, schaue dabei in Richtung Norwegen und komme mir vor wie ein nordischer Eroberer. Vor einem Jahr war ich in einer Entzugseinrichtung in London. Und jetzt liege ich, alle viere von mir gestreckt, auf einer unbewohnten Insel…“ Kurz vor dem Ende des Jahres habe ich noch ein paar sehr schöne Bücher auf meinem Regal liegen und ich habe mir vorgenommen, Euch einige davon noch vorzustellen, bevor das neue Jahr beginnt. Ein Buch, das mir nur durch den wunderbaren Blog literaturleuchtet von Marina Büttner ins Bewusstsein gerufen wurde, begleitet mich schon seit einigen Tagen. Ich habe es immer in der Tasche und lese darin bei jeder Gelegenheit, häufig in der Berliner U-Bahn, aber auch, während ich darauf warte, dass das Nudelwasser anfängt zu kochen. Es heißt Nachtlichter und ist von der Autorin Amy Liptrot. Der Einband ist wunderbar b

Halb Taube Halb Pfau von Maren Kames

halb taube halb pfau , erschienen 2016 im Secession Verlag „C: Ich möchte etwas, das unter Einsatz des ganzen Körpers entsteht.“ Mit ihrem Debüt, für das Maren Kames den Poesie-Debut-Preis Düsseldorf 2017, sowie den Anna- Seghers-Preis 2017 gewonnen hat, führt sie uns hinein in eine Landschaft, in der alles möglich ist. Sowohl sprachlich als auch inhaltlich ist der Raum in einer größtmöglichen Offenheit gestaltet. Weiß, lichtdurchflutet, leer. Das spiegelt sich auch im Layout wider. Die Aufgabe besteht darin, diesen Raum, dieses Land „Nimm meinen Schädel, das ist das Land“ zu besiedeln, auszuloten, zu bebauen. Das geht drinnen und draußen, im Land und im Schädel. Dazu soll alles zum Einsatz kommen, der ganze Körper, jede Seite. Auch jede leere Seite hat eine Bedeutung. Weiß wie Schnee. Die Antarktis. Es gibt Stellen in dem Buch, da denke ich, Maren Kames ist Roald Amundsen. Wird sie den Pol erreichen, bevor es keinen Pol mehr geben, bevor alles geschmolzen sein wird?  Das

Leila Slimani - Dann schlaf auch du

"Das Baby ist tot." Die französisch-marokkanische Autorin Leila Slimani hat mit ihrem Buch „ Dann schlaf auch du “, für das sie in Frankreich mit dem höchsten Literaturpreis des Landes, dem Prix Goncourt, ausgezeichnet wurde, den Alptraum einer jeden Mutter in Literatur verwandelt.  Ich glaube, wirklich jede Mutter kennt diese Furcht, dass man die Kinder zur Strafe dafür, dass man sie allein lässt, nie wieder lebend sieht. Ich wollte dieses Buch zunächst nicht lesen. Denn ich kann es, seitdem ich selbst Kinder habe, nur schwer ertragen, wenn in einem Buch oder Film Kindern Leid geschieht. Es fällt mir schwer, davon zu abstrahieren. Dennoch war ich neugierig und las diesen ersten Satz. „Das Baby ist tot.“, der sofort eine unglaubliche Sogwirkung erzeugte. Ich konnte das Buch nicht mehr beiseitelegen. Myriam und Paul sind ein ganz normales Pariser Paar, das so aber auch in New York, Berlin, London leben könnte. Sie hat ein Jurastudium erfolgreich abgeschlossen, er pr

Miljenko Jergovic - Die unerhörte Geschichte meiner Familie

Wenn mich jemand fragt, welches das Buch ist, das mich in diesem zu Ende gehenden Lesejahr am meisten, am allermeisten beeindruckt hat, so würde ich antworten: Die unerhörte Geschichte meiner Familie von MiljenkoJergovic . Das hat mehrere Gründe. Die Fabulierlust Miljenko Jergovics ist vielleicht der erste Grund, den ich nennen würde. Wie jemand von Hölzchen auf Stöckchen kommt und ihm einfach immer mehr einfällt, er das nicht zurück hält, sondern alles alles aufs Papier bringt, das hat mich unglaublich beeindruckt und ich habe wirklich jede einzelne der 1100 Seiten mit einem körperlich spürbaren Genuss verschlungen. Hier begegnet man einem zutiefst begnadeten Erzähler. Ich wüsste keinen zweiten zu nennen, den ich mit ihm in eine Reihe stellen könnte. Im Verlauf der Geschichte nennt er selbst einige, Peter Nadas , Paul Auster unter anderen, ich denke, das ist die Reihe der Giganten, in die er gehört, und das weiß er und beansprucht seinen Platz entgültig durch diese unerhörte Ges

Ruth Zylberman, die Topographie des Lebens erforschen

Wir befinden uns in einer Schicht über den Vergangenheiten. All das, was bereits geschehen ist, liegt unter uns, gestapelt. Lage für Lage stapelt die Vergangenheit sich unter uns, wie eine geologische Gesteinsformation. All die Leben und Tode, die Taten und Untaten, sind da und bilden das psychische Gelände, auf dem wir unseren Lebensweg zurück legen. Wenn wir aufmerksam sein können, so aufmerksam, wie es uns nur irgend möglich ist, dann können wir diese Schichten erspüren. Das vergangene Wochenende war für mich ein Wochenende der französischen Schriftstellerin und Filmemacherin Ruth Zylberman. Am Freitagabend begann ich ihr Buch Vermisstenstelle zu lesen, das gerade im Secession Verlag erschienen ist. Am Samstag kam sie selbst nach Berlin und stellte im Neuköllner Kino Wolf ihren neuen Dokumentarfilm 209 Rue St. Maur, Paris, 10Ème, The Neighbors – vor. Sowohl in diesem Film als auch in ihrem Buch geht es um Topographie, um das Gelände oder auch den Raum, in dem wir leben,

#fbm17 & Hannah Arendt

Man hört in den letzten Tagen sehr viel über die Buchmesse in Frankfurt und was da bezüglich Nazis geschehen ist, oder nicht geschehen ist. Mittlerweile gibt es auch eine Petition, die unter anderen von Uwe Tellkamp unterschrieben wurde. In dieser geht es um die Meinungsfreiheit, und dass diese auf keinen Fall eingeschränkt werden darf. Aber damit hat es doch wohl nichts zu tun, oder? Widerstand gegen menschenverachtende Positionen gleichzusetzen mit Einschränkung der Meinungsfreiheit ist per se schon irgendwie eine Verdrehung der moralischen Grundsätze, die ich persönlich ein wenig abenteuerlich finde. Ich lese gerade ein wunderbares Buch. Eichmann in Jerusalem von Hannah Arendt. Als ich heute beim Zahnarzt saß und auf meine Tochter wartete, las ich das Kapitel, das sich mit jenen Ländern befasst, die dem Naziregime nicht so willfährig zur Hand gegangen sind in Bezug auf die Vernichtung des jüdischen Volkes. Das waren Dänemark, Bulgarien, Italien und Schweden. Sie analysiert die Si

Buch der Woche - Im Herbst von Karl Ove Knausgard

„Das Geheimnis der Vergebung besteht jedoch darin, dass sie einen Ort entstehen lässt, tief im Einzelnen verwurzelt, an dem kein anderer Macht besitzt, und wenn man einmal dorthin vordringt, wo andere Menschen nichts bedeuten, findet man eine Stärke, die einem keiner nehmen kann, und diese Stärke macht es möglich, den anderen mit Hilfe von Vergebung in die Knie zu zwingen.“ Knausgards Buch Im Herbst ist voll mit solchen Erkenntnissen. Meist schüttele ich den Kopf und sage: nein, nein, das stimmt so nicht. Seltener nicke ich und stimme ihm zu. Das oben genannte Zitat ist ein wunderbares Beispiel dafür, was Knausgard mit dem Leser macht. Er schleudert ihm seine Weltsicht entgegen. Dabei sind die Gegenstände seiner Welt äußerst vielschichtig: in einem Absatz schreibt er noch über Erbrochenes, im nächsten schon über Vergebung, Apfelbäume, Thermosflaschen oder Krieg. Man findet die übliche Dichte an Themen, die so typisch für Knausgards Bücher ist. Er schreibt im Grunde über alles, all

Lesung: Losfahren mit Manal al-Sharif im Deutschen Theater Berlin

„Nenn‘ Leute wie mich nicht Aktivistin, das ist der erste Fehler, den Ihr macht. Wir alle sollten Aktivisten sein, sobald Unrecht geschieht.“ Am Montagabend las Manal al-Sharif im Deutschen Theater aus ihrem Buch Losfahren , soeben erschienen im Secession Verlag . Geboren und aufgewachsen in Saudi Arabien, einem jener Länder weltweit, in welchem die Situation der Frauenrechte kaum schlechter sein könnte, war Manal al-Sharif zwar daran gewöhnt, dass sie unter anderem nirgendwo ohne männliche Begleitung hingehen konnte und natürlich auch nicht Autofahren durfte. Aber sie wollte dies nicht akzeptieren. Also ließ sie sich von ihrem Bruder das Fahren beibringen („Die Lektion dauerte dreißig Minuten, danach bist du auf dich gestellt.“), lieh sich von einem Freund ein Auto, fuhr, begleitet von einer Freundin, die zur Feier des Tages ein rosa Kopftuch trug „Wenn wir schon verhaftet werden, möchte ich gut aussehen“, fuhr ein wenig Auto, ließ sich dabei filmen, stellte das Video in You

Buch der Woche - Ende gut von Sibylle Berg

„Ich bin so um die 40. Das sagt man heute auf Partys, zu denen einen keiner einlädt,…Ich bin 176 Zentimeter groß, ich wiege 56 kg, ich habe irgendwelche Haare, meine Augen sind blau, aber nicht sehr, und meine Haut wird immer weicher oder das Fleisch darunter, … Ich wohne in einer deutschen Stadt, die wirkt, als wäre sie komplett besoffen. …. Ich habe mich für kaum etwas bewußt entschieden, ich habe es passieren lassen, das Leben.“ Das ändert sich dann allerdings Schlag auf Schlag im Verlauf der Geschichte: die Ich-Erzählerin beginnt, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und dies gelingt ihr trotz der mehr als widrigen Umstände (immerhin geht quasi gerade die Welt unter) sehr erfolgreich. Aber von Anfang an: Seit eben habe ich eine neue weibliche Hauptperson in Büchern. Die Protagonistin aus Sibylle Bergs Roman „ Ende gut “, erschienen bei Rowohlt ist einfach in jeder Hinsicht so, dass ich immer weiter das Geschehen dieser Welt, von ihr kommentiert, NUR von ihr kommentiert,